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Augustinus und der Manichäismus
Eine Untersuchung anhand einiger seiner Schriften (Zusammenfassung)

Thomas Freibott

Hinweis/Quelle: Bei diesem Beitrag handelt es sich um die Zusammenfassung einer von der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien approbierten Diplomarbeit. Die Publikation im Internet auf stjosef.at erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Autors. Jede Art der weiteren Publikation darf nur im Einvernehmen mit Mag. Thomas Freibott erfolgen!

Augustinus von Hippo Regius
war ein unermüdlicher Kämpfer gegen den Manichäismus. Der Prozeß seiner geistigen Auseinandersetzung mit dieser Sekte dauerte bis Anfang des 5. Jahrhunderts n.Chr.

Durch seine zahlreichen Schriften gegen diese Irrlehre verfolgte er ein apologetisches Anliegen: Er zeigte auf, daß die Wahrheit allein in der katholischen Religion zu finden ist und nicht in einer Mani-Gemeinde, wie er es zuvor glaubte. Bis zu seiner Bekehrung war er neun Jahre lang (als „Hörer“, nicht als „Auserwählter“) dem Manichäismus verfallen.

Augustins Lebensweg war von einer großen Liebe zur Wahrheit geprägt, die ihn durch manche Irrwege schließlich zur vollen Gemeinschaft mit der katholischen Kirche führte. Von seiner Bekehrung an ging es ihm nur um eines: Vertiefung, Verbreitung und Verteidigung der erkannten Wahrheit.

Augustinus lebte in einer Zeit, in der die Auffassung vom Menschen von vielen Denkern, einschließlich den Neuplatonikern, durch verschiedene Irrtümer entstellt wurde. Es sind hier neben dem Manichäismus der Arianismus, der Donatismus und der Pelagianismus zu nennen. So verfaßte er viele Streitschriften, um die bei den Gläubigen grassierenden Irrtümer aufzudecken und die katholische Wahrheit neu zu bekräftigen. Doch trug er im Herzen immer die Liebe zu den Irrenden. Nicht der Mensch, sondern die Wahrheit ist es, die über den Irrtum siegt.

Was nun den Manichäismus betrifft, so ist er seinem Wesen nach eine Gnosis, die sich allein auf die reine Vernunft stützt. Sie lehnt die Autorität des Glaubens ab: Das Heil kommt nur aus dem Wissen und der Erkenntnis. Typisch für diese Irrlehre ist der Dualismus: Welt und Mensch sind schlecht, da sie eine anomale Vermischung zweier entgegengesetzter Prinzipien darstellen: der Geist (d.h. Gott) und die Materie, das Gute und das Böse, Licht und Finsternis. Die Erlösung kommt nur von einer absoluten Scheidung beider „Naturen“. Unter diesem Aspekt entsteht die Welt und der Mensch. Darüber hinaus steht das Alte Testament in einem unversöhnlichen Widerspruch mit dem Neuen Testament. Des weiteren ist Christus in einem bloßen Scheinleib unter den Menschen gewandelt, und der von Christus verheißene Paraklet ist erst im Stifter des Manichäismus erschienen. Dieser war Mani aus Persien. Von ihm trägt diese Sekte ihren Namen.

Augustinus war deshalb vom Manichäismus fasziniert, weil er glaubte, darin seine intellektuellen und religösen Bedürfnisse stillen zu können. Außerdem ermöglichte ihm diese Richtung, die höchsten sittlichen Ideale mit einer bequemen Lebensweise zu vereinigen: so z.B. sind die Fleischessünden für die Manichäer nicht schlimm, da der Körper nun einmal sündhaft sei. Man begreift leicht, daß Augustinus sich dieser Sekte gerne anschloß.

Augustinus las die hl. Schrift mit einer rationalistischen Geisteshaltung. Er fühlte sich von den Geheimnissen, die sie enthalten, abgestoßen, Geheimnisse, die man mit einem demütigen Glauben annehmen mußte. Erst durch die Begegnung mit dem hl. Ambrosius lernte er die hl. Schrift in einem neuen Licht sehen. Von da an trat er dem Irrtum der Manichäer kritisch entgegen.

Ein besonders harter Kritiker der hl. Schrift war der manichäische Bischof Faustus aus Mileve, der im Alten Testament einen unvollkommenen und grausamen Gott sah, der sich an den Sünden der atl. Menschen ergötze. Augustinus wies diese Vorwürfe entschieden zurück und bezog die atl. heilsgeschichtlichen Aussagen als Zeichen auf die ntl. Ereignisse. Augustins Anliegen war, die Einheit der beiden Testamente ins klare Licht zu stellen.

Der große Kirchenlehrer verfaßte 13 Werke gegen den Manichäismus:

  1. De moribus ecclesiae catholicae et de moribus Manichaeorum libri duo (Zwei Bücher über die Sitten der katholischen Kirche und der Manichäer), 388–389

  2. De libero arbitrio libri tres (Drei Bücher über die Willensfreiheit), 388–395

  3. De Genesi contra Manichaeos libri duo (Zwei Bücher über die Genesis gegen die Manichäer), 389

  4. De vera religione (Über die wahre Religion), 390

  5. De utilitate credendi ad Honoratum (Über den Nutzen des Glaubens an Honoratus), um 391

  6. De duabus animabus (Über die zwei Seelen), 391/2

  7. Disputatio contra Fortunatum Manichaeum (Disputation mit dem Manichäer Fortunatus), 392

  8. Contra Adimantum (Gegen den Manichäer Adimantus), um 394

  9. Contra epistolam Manichaei quam vocant fundamenti (Gegen den sog. Fundamentalbrief des Mani), um 397

  10. Contra Faustum libri XXXIII (33 Bücher gegen Faustus), 398

  11. De actis cum Felice Manichaeo libri duo (Zwei Bücher über die Disputation mit dem Manichäer Felix), 398

  12. De natura boni (Über das Wesen des Guten), 399

  13. Contra Secundinum Manichaeum (Gegen den Manichäer Secundinus), 399

Davon wurden in der hier vorliegenden Studie einige besonders wichtige Werke analysiert:

Im Werk „De natura boni“ wird der Gegensatz zwischen Gut und Böse behandelt. Augustinus verteidigt die substantielle Gutheit des Menschen. Durch das Böse wird die Natur nicht an sich schlecht, sondern das Böse besteht im Mangel an Gutem. Augustinus betont, daß alle Güter nicht aus Gott, sondern von ihm stammen. Damit macht er den Manichäern auch klar, daß die Güter dieser Erde nicht gleich ewig mit Gott bzw. keine göttlichen Teile sein können, so wie sie behaupten. Durch seine gezielten Argumente gegen den Dualismus deckt Augustinus die Unlogik und Widersprüchlichkeit der Manichäer auf.

Die Einheit der beiden biblischen Testamente wird im Werk „De moribus ecclesiae“ verteidigt. Durch Vergleiche mit biblischen Texten beweist Augustinus, daß ein innerer Zusammenhang zwischen dem Alten und Neuen Testament besteht. Er weist den manichäischen Gedanken zurück, daß sich die Liebe Gottes nur im Neuen Testament offenbare. Diese Liebe aber macht die Einheit beider Testamente sichtbar.

Die zwei Bücher „Contra Felicem“ sind das Protokoll einer Disputation. In diesem Streitgespräch widerlegt Augustinus die vermessene Behauptung Manis, er sei der Apostel Jesu Christi und müsse das lehren, was der Völkerapostel Paulus nicht vermochte.

Der Höhepunkt, auf den der Wortstreit hinzielt, ergibt sich, als die Frage zur Entscheidung gelangt, ob die Macht des Bösen so weit gehe, daß Gott selbst in einem Teil seines Wesens Schaden gelitten habe. Diese These bildete einen der Hauptpunkte der Irrlehre und war logisch verankert in der Annahme der zwei absoluten Prinzipien von Gut und Böse. Hier sei erinnert, daß die Manichäer die kirchliche Lehre von der Schöpfung aus dem Nichts als Torheit hinstellten und dagegen eine böse Ursubstanz behaupteten, die der göttlichen Substanz schon immer entgegengesetzt gewesen sei, sie bekämpfte und dadurch Gottes Macht beschränkte. Die Absicht Augustins war nun, das Wesen Gottes von einem zu ihm in Gegnerschaft befindlichen Urwesen zu befreien und die Vorstellung seiner Verwundbarkeit zu entkräften. Dies gelang hier in so überzeugender Weise, daß der Manichäer Felix dazu gebracht wurde, Mani und den Geist, der aus ihm gesprochen hatte, zu verurteilen, womit der Streit entschieden war.

Das Werk „De duabus animabus“ wendet sich gegen die Zwei-Seelen-Theorie, nach der jeder Mensch eine absolut gute und eine absolut schlechte Seele hat. Mit Hilfe der beiden Definitionen „Wille“ und „Sünde“ macht Augustinus diese Lehre zunichte: Wenn das absolut Böse keinen Willen hat, so kann es auch nicht sündigen und hat auch nichts zu bereuen. Die Manichäer aber bejahen die Vergebung der Sünden und somit auch die Reue. Wenn also die böse Seele Sünden bereuen kann, so kann sie nicht aus der Substanz des tiefsten Übels kommen. Wenn die schlechte Seele aber einen Willen hat, so ist ihr das Verlangen gegeben, nach etwas zu streben. Dieses kann nur ein Gut sein. Im tiefsten Übel aber gibt es nichts Gutes, so daß unwillkürlich die Frage auftaucht, woher die böse Seele weiß, daß es überhaupt das Gute gibt. Augustinus bringt in seinen weiteren Argumenten den konsequenten Nachweis, daß jeder Mensch eine Seele besitzt, die nur Gott zum Urheber hat.

Den Manichäern fehlt jedoch jeder Begriff einer persönlich begangenen Sünde und damit jede Vorstellung eines göttlichen Sündengerichts.

Das Werk „De libero arbitrio“ gibt Antwort auf die Frage, worin der Ursprung des Bösen liegt: Dieses hat keinen anderen Entstehungsgrund als die freie Entscheidung des Willens. Der Wille hat sich selbst in der Macht, er ist frei und kann sich für das Gute oder für das Böse entscheiden. Hält er sich an das höchste Gut, nämlich an Gott, dann ist er glücklich. Tut er das nicht, wird der Mensch elend. Nur solange der Wille gut ist, ist er auf das höchste Gut hingeordnet. Augustinus bezeichnet den guten Willen als ein so großes Gut, daß er allen körperlichen und äußeren Gütern vorzuziehen ist.

Aufgrund seiner Unveränderlichkeit kann Gott der Sünde überhaupt nicht zugänglich sein. Wir Menschen aber sind veränderlich, und daher liegt in uns die Möglichkeit der Sünde. Für die Sünden der Menschen kann Gott daher nicht verantwortlich gemacht werden. Die Sünde ist keine ontologische Substanz, sonst wäre sie von Gott, sie ist vielmehr ein Akt der Kreatur. An ihr allein liegt es, gut oder böse zu handeln. Die Notwendigkeit des Sündigen-Könnens schließt aber niemals die Notwendigkeit ein, wirklich zu sündigen. Der Mensch ist also selbst verantwortlich für seine Sünden.

Gott gab dem Menschen den freien Willen, damit er rechtschaffen leben kann, und nicht, um zu sündigen.

Dieses Werk richtet sich auch insofern gegen die Manichäer, als sie die heiligen Schriften des Alten Testamentes nicht anerkennen, in denen von der Erbsünde berichtet wird.

Die Schrift „Contra Fortunatum“ ist das Protokoll einer öffentlichen Disputation. Ihr Gegenstand ist wiederum die Frage nach dem Ursprung des Bösen.

Die Manichäer behaupten: Da das Geschlecht der Finsternis den Menschen zwinge, das Böse zu tun, sei die Seele für ihr schlechtes Handeln entschuldbar. Träger des Übels sei allein das ewig existierende Reich der Finsternis. Auch hier muß Augustinus Fortunatus entgegensetzen, daß die Ursache der Sünde allein der menschliche Wille ist.

Das Zwiegespräch endet mit dem Eingeständnis des Fortunatus, daß er außerstande sei zu antworten. Bekehren läßt er sich nicht, jedoch treten alle bei dem Disput anwesenden Manichäer zur Kirche über, wie Possidius in seiner „Vita Augustini“ berichtet.

Diese vorliegende Arbeit konnte nur ein Bruchstück aus dem gewaltigen Panorama der Lehre des hl. Augustinus analysieren. Er hinterließ ein beachtliches Werk von 113 Büchern und 218 Schriften. Durch diese ziehen sich alle Kontroversen der afrikanischen Kirche und der christlichen Welt. Und diese theologischen Werke verfolgen keinen anderen Zweck, als der Kirche seiner Zeit und der Zukunft zu dienen.

Bewußt wurde in meiner Studie die Kontroverse mit dem Manichäismus aus der Sicht des hl. Augustinus dargestellt. Freilich war dadurch eine gewisse Einseitigkeit der Betrachtung nicht zu umgehen. An anderen Studien liegt es, die Argumente der Gegenseite noch ausführlicher und aus deren eigenen Quellen vorzustellen, soweit diese manichäischen Schriften überhaupt noch erhalten sind.