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Aktuelle Herausforderungen für Ehe und Familie
Moraltheologische Anmerkungen (2010)

Josef Spindelböck

Hinweis/Quelle: Forum Katholische Theologie 26 (2010) 179–190. Download auch als Word-Dokument

1. Die grundlegende Berufung eines jeden Menschen zur Liebe

Gott hat den Menschen als Mann und Frau nach seinem Bild erschaffen[1], „und es war sehr gut“ (Gen 1,31). Von der Schöpfungsordnung her bejahen wir als Christen die personale Ausprägung des Menschen in seiner Zweigeschlechtlichkeit, als Mann bzw. als Frau.[2] Die sexuelle Prägung ist nicht nur etwas Biologisches, sondern etwas Ganzheitlich-Personales. Der Leib ist nicht bloß etwas „Hinzukommendes“ (ein „Akzidens“), sondern das Menschsein macht gerade die wesentliche Einheit von Leib und Seele aus.

Durch den Sündenfall ist die ursprüngliche Harmonie des Menschen mit Gott, mit sich selbst und mit den Mitmenschen in Unordnung geraten.[3] In Jesus Christus wird der ganze Mensch geheilt; empfängt er Heil und Erlösung. Auch der Leib wird einbezogen in die Gottverbundenheit und Heiligung des ganzen Menschen. Die Auferstehung Christi ist Unterpfand auch unserer Hoffnung auf die Auferstehung des Leibes, auf die Vollendung des ganzen Menschen mit Leib und Seele. Der Leib ist nach dem heiligen Paulus ein „Tempel des Heiligen Geistes“.[4] In dieser Wertschätzung des geschlechtlich geprägten Leibes begründet sich die Ablehnung all dessen, was den Leib entehrt und schändet (Unzucht, Ehebruch, homosexuelles Verhalten, Prostitution, sexuelle Gewalt, sexueller Missbrauch von Kindern und Unmündigen etc.).

Die grundlegende Berufung eines jeden Menschen ist die zur Liebe: Gott hat den Menschen aus Liebe nach seinem Bild und Gleichnis erschaffen; wir alle – d.h. jeder einzelne – sind auch zur Liebe berufen.[5] „Gott ist Liebe“ („Deus caritas est“[6], 1 Joh 4,8.16); wir finden unsere Vollendung nur dadurch, dass wir die Gottes- und Nächstenliebe verwirklichen.

Es gibt gemäß christlicher Auffassung zwei Grundformen dieser Berufung zur Liebe: die Ehe sowie die gottgeweihte Jungfräulichkeit bzw. den Zölibat um des Himmelreiches willen.[7]

In beiden Fällen ist der Leib einbezogen: in der Ehe wird der sexuelle Ausdruck der Liebe hingeordnet auf die beiden Sinngehalte (nämlich: liebende Vereinigung der Gatten und Offenheit für Kinder[8]); in der gottgeweihten Ehelosigkeit verbindet sich die sexuelle Abstinenz (die nicht Verdrängung bedeutet, sondern Sublimierung und Integration) mit einem Höchstmaß personaler Zuwendung an Gott und die Menschen. Auf diese Weise wird im jungfräulichen Lebensstand die eschatologische „Hochzeit des Lammes“[9] vorweggenommen; doch auch die Ehe als Sakrament ist ein Abbild und eine Teilhabe am Bund Gottes mit den Menschen bzw. an der liebenden Einheit Christi mit der Kirche, seiner Braut.[10]

2. Die Größe und Schönheit der ehelichen Liebe

In Kürze soll auf die Größe und Schönheit der ehelichen Liebe und der damit verbundenen Berufung von Mann und Frau eingegangen werden.[11]

Die Ehe gehört gleichsam zur „Natur“ des Menschen, d.h. sie ist mit dem Menschsein als solchen verbunden und insbesondere mit der Personalität des Menschen. Die auf die Ehe gegründete Familie ist die elementarste Zelle der Gesellschaft; ihre Existenz verdankt sie nicht einem willkürlichen menschlichen Entwurf, sondern der Schöpfungsordnung. Dadurch dass Gott Mann und Frau in Zuordnung füreinander erschaffen hat (wir sprechen von Polarität und Komplementarität), hat er diesen Bund der Liebe und des Lebens schon „im Anfang“[12] eingesetzt.

Damit es konkret zur Ehe kommt, braucht es die individuelle Entscheidung der Partner, die all das bejahen, was zum Wesen der Ehe gehört: nämlich ihren umfassenden Charakter als Gemeinschaft des Lebens und der Liebe, und dies in wirklicher Einheit der Seele und des Leibes (die Heilige Schrift spricht vom „Ein-Fleisch-Werden“[13]), in der Treue zueinander, bis dass der Tod die beiden Gatten scheidet, und – ganz wesentlich, soweit möglich – in Offenheit für die Kinder, die Gott den Gatten schenken will.[14]

Damit eine gültige Ehe zustande kommt, müssen bestimmte Voraussetzungen gegeben sein: Die Ehefähigkeit ist mit jenem Alter verbunden, ab dem der Mensch nicht nur biologisch reif ist für das eheliche Leben, sondern auch geistig-seelisch (die Kirche geht von einem Minimum von 16 Jahren beim Mann und von 14 Jahren bei der Frau aus[15]). Zur ganzheitlichen Reife der Personen gehört vor allem die Einsicht in das Wesen der Ehe und die dazu nötige innere und äußere Freiheit (Urteilsfähigkeit). Ebenso wichtig ist die Fähigkeit eines Menschen, die wesentlichen Verpflichtungen einer Ehe auf Dauer übernehmen zu können (Eheführungsfähigkeit).[16] Es gibt verschiedene Ehehindernisse, die von vornherein ausschließen, dass eine gültige Ehe geschlossen werden kann, solange diese Hindernisse bestehen.[17] Den Bund der Ehe begründet der Konsens, d.h. die freie Zustimmung der Gatten. Durch ihr Ja-Wort nehmen sich Mann und Frau gegenseitig als Gatten an und schenken sich unwiderruflich in einem Bund der Liebe.[18]

Gott heiligt diesen Bund der Liebe und des Lebens zwischen Getauften in besonderer Weise, indem er ihn durch Jesus Christus zur Würde eines Sakraments erhoben hat (vgl. Hochzeit zu Kana, Joh 2,1–11).[19] Das Sakrament setzt all das voraus, was von Natur aus zur Ehe gehört. Die natürliche Liebe der Gatten wird hineingenommen in die Liebe Gottes. Gott ist der Quell und Ursprung jeder Liebe. Gott ist der absolut Treue; er verlässt sein Volk nicht: Schon im Alten Testament wird die unverbrüchliche Treue Gottes zu seinem Volk im Bild des Ehebundes beschrieben (vgl. Hosea, das Hohelied etc.). Im Neuen Bund hat sich Jesus Christus seiner Kirche (d.h. der Gemeinschaft aller Gläubigen) ganz und unwiderruflich hingegeben in seinem Opfer am Kreuz, in seinem Leiden und Sterben. Gottes Treue bleibt auch da bestehen, wo der Mensch von Gott abfällt, wenn er sich in der (schweren) Sünde von Gott trennt. Die christliche Ehe ist Teilhabe an dieser Treue Gottes zu den Menschen.

In der Offenheit für Kinder werden die Gatten zu Mitarbeitern des Schöpfers, der am Ursprung jedes Lebens steht. Die kirchliche Lehre, wonach Gott die Seele jedes Menschen auf unmittelbare Weise erschafft[20], korrespondiert mit der biblischen Überzeugung, dass Gott uns alle ganz persönlich ins Dasein ruft und wir ihm auf einzigartige Weise kostbar sind.[21] Der Sinn der Ehe ist es, dass Mann und Frau füreinander da sind in Liebe, was ihre sexuelle Gemeinschaft mit einschließt. Die Ganzhingabe ihrer Liebe öffnet sie für das Geschenk des Lebens, indem sie Ja sagen zu Kindern.[22] Die beiden Sinngehalte des ehelichen Aktes (liebende Vereinigung und Fortpflanzung) dürfen nicht voneinander getrennt und isoliert werden. Daher lehnt die Kirche jede Manipulation dieses anthropologischen Zusammenhangs, der weit über das Biologische hinausgeht, ab – sei es durch künstliche Verhütung oder auch durch künstliche Befruchtung.[23]

Die Entscheidung über die Zahl der Kinder müssen die Gatten selbst fällen, und zwar im Angesicht Gottes und unter Beachtung aller relevanten Faktoren.[24] Die Methode der Geburtenregelung ist jedoch nicht ihrer eigenen Entscheidung freigestellt, da es objektive Kriterien gibt, welche mit der Würde der Personen und der Eigenart der ehelichen Liebe zu tun haben.[25]

3. Spezielle Herausforderungen und Probleme heute

Spezielle Probleme und Herausforderungen für Ehe und Familie in der Gegenwart können mit den Stichworten unverheiratetes Zusammenleben, Scheidungen, zivile Wiederheirat, Abtreibung und Verhütung, Künstliche Befruchtung (IVF), Gewalt in der Ehe, sexueller Missbrauch, Probleme bei der Erziehung der Kinder sowie die Anliegen in Bezug auf die Würde und Berufung der Frau benannt werden.

Im Folgenden wird auf zwei „neuralgische Punkte“ eingegangen: Angesprochen werden die kirchlichen Weisungen zum Kommunionempfang wiederverheirateter Geschiedener und zu liturgischen Segnungen von (zivilen) Zweitehen. Das Anliegen dieser Ausführungen ist es, die kirchliche Lehre und Disziplin in Kürze darzustellen und nach den damit verbundenen inhaltlichen Anliegen zu fragen. All dies soll im Dienst einer Pastoral stehen, die sich nicht von der Wahrheit der Offenbarung und der damit verbundenen natürlichen sittlichen Erkenntnis entfernt, sondern dem Menschen gerade durch die Treue zur Wahrheit in Liebe wirklich dient.[26]

Zuerst sollte man sich um eine Klärung dessen bemühen, was mit der Unauflöslichkeit der Ehe gemeint und inhaltlich verbunden ist. Bekanntlich versprechen einander die Brautleute bei der kirchlichen Trauung die gegenseitige Liebe und Treue, „bis dass der Tod sie scheidet“. Verschiedentlich ist angemerkt worden, dieses Versprechen würde den Menschen überfordern. Niemand wisse schließlich, wie er in einigen Jahren oder Jahrzehnten empfinde und dann innerlich verfasst sei. Auch wisse man nicht, ob der Partner im Grunde noch derselbe Mensch sei, den man geheiratet habe. Es sei daher unzumutbar und aufgrund der gestiegenen Lebenserwartung nochmals unrealistischer als bisher geworden, dass Paare einander die Treue bis zum Tod versprechen und diese auch tatsächlich halten. Besser und ehrlicher sei es – so wird argumentiert – zuzugeben, eine Beziehung sei „zerstört“ und „zerrüttet“, und sich in korrekter Weise voneinander zu trennen als dass man sich gegenseitig mit dem unerfüllbaren Versprechen unauflöslicher Treue weiter belastet.[27] Eine solche Sichtweise bezieht nicht nur das tatsächlich mögliche Scheitern von Beziehungen mit ein, sondern rechnet von vornherein damit, dass die lebenslange Ehe nicht (mehr) gelingen kann. Die Eheleute müssten nach dieser Logik bei der Trauung eigentlich versprechen, einander treu sein zu wollen, „bis die Liebe erkaltet“ oder ihre Beziehung am Ende ist. Im Grunde handelt es sich bei dieser Auffassung um eine Kapitulation vor dem Zeitgeist und vor der menschlichen Schwachheit.

Eine zugleich realistische, aber auch hoffnungsvolle Perspektive kann die Zusammenhänge jedoch anders wahrnehmen und beschreiben: Jeder Mensch ist als Person einzigartig und besitzt von Gott her eine unvergleichliche Würde. Die Liebe zwischen Mann und Frau kann zu einer derart großen Reife und Tiefe kommen, dass die beiden sich einig sind, einander für immer ihre Liebe und Treue erklären zu wollen. Dies tun sie bei der Trauung in öffentlichem und auch kirchlichem Rahmen, weil sie überzeugt sind, dass ihre Liebe durch das gegenseitige Ja-Wort für ihr ganzes zukünftiges Leben etwas Neues schafft, was über ihre momentane Befindlichkeit hinausgeht. Die Institution der Ehe (und darauf aufbauend der Familie mit Kindern) ist also nicht etwas Negatives, sondern entspricht gerade einer Ursehnsucht der Liebe, wie sie den Brautleuten zu Eigen ist: Sie wollen sich für immer aneinander binden, sich für immer gegenseitig zu einer Gabe der Liebe machen. Diese personale Hingabe, die sich im Ja-Wort ausdrückt und in der sexuellen Vereinigung der Gatten gleichsam „ein Fleisch“ wird, ist von ihrem Wesen her unwiderruflich: Die Hingabe kann nicht ungeschehen gemacht werden, weil sie aufs Ganze geht. In der christlich-sakramentalen Ehe besteht ein Zusammenhang mit der Gnade der Taufe: Gott hat in der Taufe unwiderruflich zu einem bestimmten Menschen Ja gesagt; die Taufe als solche kann daher nicht rückgängig gemacht werden. Der Betreffende kann sich zwar weigern, wie ein Getaufter zu leben. Gott selbst nimmt jedoch das Ja seines Bundes mit ihm nicht zurück.

Die christliche Ehe ist eine Teilhabe am Bund, den Gott mit der Menschheit auf unwiderrufliche Weise schließt.[28] Nicht die Gatten selbst sind fähig zu unwiderruflicher Treue, sondern Gott macht sie fähig und bereit dazu, wenn sie sich ihm gegenüber öffnen und ihn den Dritten in ihrem Bunde sein lassen. Versagt daher ein Partner oder gar beide in ihrer gegenseitigen Treue, so bleibt Gott doch der Treue, der auf die Erneuerung der Bundesbeziehung der Gatten mit Gott und untereinander wartet. Eben dies ist der christliche Sinn der Unauflöslichkeit der Ehe. Die Ehepartner dürfen sich gegenseitig zeigen und zusagen, dass Gott sie unwiderruflich liebt. Von dieser unzerstörbaren Zusage aus ist Versöhnung auch dort möglich, wo eine Beziehung menschlich gesehen zerstört oder zerrüttet erscheint. Der Neuanfang in der Liebe wird nicht den Menschen zugetraut, sondern der Hilfe und dem Beistand Gottes. So ist die absolute Unauflöslichkeit der gültig geschlossenen und vollzogenen sakramentalen Ehe keineswegs als Last und Strafe zu verstehen, sondern als Geschenk und Hoffnungszeichen – gerade auch in der Treuebeziehung der Gatten.

Was aber soll geschehen, wenn ein weiteres Zusammenleben der rechtmäßigen Gatten bzw. eine Versöhnung wirklich nicht mehr möglich ist? Die Kirche hat von alters her die Möglichkeit einer „Trennung von Tisch und Bett“ bejaht. Wichtig ist, dass dabei das sakramentale Eheband als solches aufrecht bleibt, und zwar auch wenn es aus Gründen der rechtlichen Ordnung zu einer zivilen Scheidung kommt. Das weiterhin bestehende Ehesakrament ist ein Zeichen dafür, dass Gott sogar dort, wo der Mensch scheitert, seine Gnade und seinen Beistand nicht zurückzieht, sondern auch in Zukunft den getrennten Gatten gewährt.

Verschiedenste Gründe und Situationen können vorliegen, wenn Ehepartner getrennt leben oder sogar voneinander geschieden sind. Nicht immer muss subjektive Schuld vorliegen. Auch kann es sein, dass die Lebensgemeinschaft zwar durch die Schuld eines oder beider ein Ende gefunden hat, jedoch ein Partner oder sogar beide danach wieder eine Aussöhnung suchen: sowohl mit Gott im Sakrament der Buße wie auch untereinander. Vielleicht nehmen sie dann ihre Lebensgemeinschaft wieder auf, was zu wünschen wäre. Mitunter ist es aber trotz guten Willens nicht mehr möglich, die Gemeinschaft von „Tisch und Bett“ wieder aufzunehmen bzw. eine zivile Scheidung rückgängig zu machen.

Bezüglich des Sakramentenempfangs bei Geschiedenen, die sich nicht wieder neu zivil verheiratet haben und auch nicht mit einem neuen Partner auf sexuelle Weise zusammenleben, gilt: Im Fall eines weiblichen oder männlichen „Ehegatten, der geschieden wurde, aber sehr wohl um die Unauflöslichkeit des gültigen Ehebandes weiß und darum keine neue Verbindung eingeht, sondern sich einzig um die Erfüllung seiner Verpflichtungen für die Familie und ein christliches Leben bemüht“, gibt es „keinerlei Hindernis“, diesen „zu den Sakramenten zuzulassen.“[29]

Ehepartner in solchen Situationen brauchen die Zuwendung vonseiten der Seelsorger und der Pfarrgemeinde, damit sie in dieser schwierigen Situation die ursprüngliche Treue durch den Verzicht auf eine neue Verbindung bewahren können. Sie geben damit ein wichtiges Zeugnis für die Unauflöslichkeit der Ehe.

Klar muss allerdings sein: Nicht alle Geschiedenen wollen dies oder können dies auf Dauer durchhalten. Sie suchen bzw. finden einen neuen Partner, mit dem sie eine neue Gemeinschaft aufnehmen, die häufig über eine bloße Freundschaft hinausgeht und auch den sexuellen Bereich mit einbezieht. Manchmal sind auch bereits vorhandene Kinder ein Grund, wieder einen Partner zu suchen, der diesen Kindern dann als Stiefvater oder Stiefmutter beisteht und vielleicht auch eigene Kinder aus einer früheren Beziehung mitbringt (so entsteht eine typische „Patchwork“-Familie). Menschlich ist dies alles sehr verständlich, und gerade aus christlichem Verständnis heraus sollte man nicht über diese Personen richten und urteilen.

Wie bewertet die Kirche die objektive Situation zivil Geschiedener, die sich bei aufrechtem kirchlich-sakramentalen Eheband zivil wiederverheiraten? Sofern eine solche neue Verbindung auch die Dimension des sexuellen Zusammenlebens mit einschließt, besteht nach Auffassung der Kirche eine schwerwiegende Form objektiver Unordnung, die dem Wesen des Ehesakraments und der ehelichen Liebe widerspricht.

Johannes Paul II. hat im Apostolischen Schreiben „Familiaris consortio“ erklärt, dass man dennoch auch hier die Unterschiede zwischen den einzelnen Betroffenen und ihrer jeweiligen Situation sehen soll:

„Die Hirten mögen beherzigen, dass sie um der Liebe willen zur Wahrheit verpflichtet sind, die verschiedenen Situationen gut zu unterscheiden. Es ist ein Unterschied, ob jemand trotz aufrichtigen Bemühens, die frühere Ehe zu retten, völlig zu Unrecht verlassen wurde oder ob jemand eine kirchlich gültige Ehe durch eigene schwere Schuld zerstört hat. Wieder andere sind eine neue Verbindung eingegangen im Hinblick auf die Erziehung der Kinder und haben manchmal die subjektive Gewissensüberzeugung, dass die frühere, unheilbar zerstörte Ehe niemals gültig war.“[30] Im Fall der Überzeugung von der Ungültigkeit der früheren Ehe steht der Weg zum Kirchengericht offen. Solange die Ungültigkeit nicht formell nachgewiesen ist, gilt im Sinne eines „favor iuris“ die frühere Ehe als aufrecht.[31]

Was kann man positiv über jene Gläubige sagen, die vom rechtmäßigen Ehepartner geschieden sind und zivil einen anderen Partner geheiratet haben? Geschiedene und wiederverheiratete Gläubige sind nicht von der Kirche getrennt; sie sind auch nicht „exkommuniziert“. Sie können und sollen teilnehmen am Gebet und an der heiligen Messe und sich vom Worte Gottes nähren; sie sollen Werke der Nächstenliebe und der Gerechtigkeit unterstützen, ihre Kinder im Glauben erziehen und den Geist und die Werke der Buße pflegen. Die Pastoral der Kirche soll sich um diese Menschen in besonderer Weise annehmen; dies gilt nicht nur für die Priester und die kirchlichen Mitarbeiter, sondern für alle Gläubigen.[32]

Man soll zeigen, dass sie zur Pfarrgemeinde gehören, auch wenn es eine „sakramentale Grenze“ gibt: „Die Kirche bekräftigt jedoch ihre auf die Heilige Schrift gestützte Praxis, wiederverheiratete Geschiedene nicht zum eucharistischen Mahl zuzulassen. Sie können nicht zugelassen werden; denn ihr Lebensstand und ihre Lebensverhältnisse stehen in objektivem Widerspruch zu jenem Bund der Liebe zwischen Christus und der Kirche, den die Eucharistie sichtbar und gegenwärtig macht. Darüber hinaus gibt es noch einen besonderen Grund pastoraler Natur: Ließe man solche Menschen zur Eucharistie zu, bewirkte dies bei den Gläubigen hinsichtlich der Lehre der Kirche über die Unauflöslichkeit der Ehe Irrtum und Verwirrung.“[33]

Papst Johannes Paul II. betont hier die objektive Widersprüchlichkeit, weil durch einen derartigen Lebensstand die Ehe als Zeichen des Bundes Gottes mit den Menschen praktisch infrage gestellt wird. In der Teilnahme an der Kommunion geht es aber um eine Erneuerung dieser Bundesbeziehung. Dies ist unter jenen widersprüchlichen Voraussetzungen nicht möglich.

Auch das Sakrament der Buße kann nur dann empfangen werden, wenn die „aufrichtige Bereitschaft zu einem Leben“ gegeben ist, „das nicht mehr im Widerspruch zur Unauflöslichkeit der Ehe steht. Das heißt konkret, dass, wenn die beiden Partner aus ernsthaften Gründen – zum Beispiel wegen der Erziehung der Kinder – der Verpflichtung zur Trennung nicht nachkommen können, sie sich verpflichten, völlig enthaltsam zu leben, das heißt, sich der Akte zu enthalten, welche Eheleuten vorbehalten sind’.“[34]

Wer dazu (noch) nicht in der Lage ist, soll das Gebet nicht aufgeben und die sakramentale Ordnung der Kirche respektieren. Die Gnade Gottes eröffnet jenen einen Weg der Umkehr und des Heils, die in Gebet, Buße und christlicher Liebe das tun, was ihnen möglich ist, auch wenn sie (vorerst) die Sakramente nicht empfangen können.

Folgender Einwand wird vorgebracht: Kein Mensch ist ohne Sünde, und die christliche Religion zeichnet sich gerade dadurch aus, dass sie den Sünder, der umkehrt, wieder aufnimmt und respektiert, ja sich sogar über seine Rückkehr freut. Wenn nun jemand einsieht, dass er zwar durch eine „Zweitehe“ gegen das Gebot der ehelichen Treue zum rechtmäßigen Partner verstoßen hat, er aber dann gleichsam nicht mehr „zurück“ kann und in der Folge nach einer Zeit der Reue und Besinnung die Zulassung zu den Sakramenten der Buße und der Eucharistie erbittet, wie kann ihm dies die Kirche verweigern? Verstößt sie hier nicht gegen das Gebot der Barmherzigkeit mit den Sündern, wenn sie diese Sünde nicht vergibt, während andere, vielleicht schlimmere Sünden Vergebung finden können? Hier sind mehrere Dinge klarzustellen und zu unterscheiden:

- Man muss zugeben: Nicht in jedem Fall ist es möglich, dass jemand zur früheren rechtmäßigen Lebensgemeinschaft in der sakramental noch bestehenden Ehe zurückkehrt. Hindernisse ergeben sich vor allem dann, wenn einer der beiden rechtmäßigen Ehepartner diese Art von Versöhnung nicht will. Auch kann es sein, dass aus der neuen Verbindung Kinder hervorgegangen sind und man die neue Familie nicht wieder auseinander reißen will. Oder es mag sein, dass jemand einfach froh ist, freundschaftlichen Beistand durch den neuen zivilen Gatten/die zivile Gattin gefunden zu haben, und er/sie deshalb eine Auflösung der neuen Verbindung ausschließt.

- Der Kern des sittlichen und sakramentalen Problems liegt nicht im äußeren Zusammenleben, sondern in einer aufrechterhaltenen sexuellen Gemeinschaft zweier Partner, die sakramental nicht miteinander verheiratet sind.[35] Weil diese Form der Intimität von der Sache her in ein Konkurrenzverhältnis zu den Ansprüchen der rechtmäßigen und noch bestehenden Ehe tritt, handelt es sich hier tatsächlich – wie der „Katechismus der Katholischen Kirche“ eindeutig feststellt – um fortgesetzten öffentlichen Ehebruch.[36]

- Von daher kann man dann aber sehr wohl sagen: Wo wirklich die Bereitschaft zur Umkehr besteht, zeigt sie sich gerade darin, sich von sexuellen Akten mit einem anderen als dem rechtmäßigen Ehepartner zu enthalten. Noch klarer und jetzt positiv ausgedrückt heißt dies: Wenn in einer neuen, kirchlich nicht anerkannten eheähnlichen Verbindung die Bereitschaft zur sexuellen Enthaltsamkeit da ist, sind die Voraussetzungen für Umkehr und Vergebung gegeben. Diese Personen können tatsächlich zu den Sakramenten der Buße und der Eucharistie zugelassen werden, wobei Ärgernis zu vermeiden ist. Man sollte nicht von vornherein einen solchen Weg als unrealistisch abtun, auch wenn er gewiss anspruchsvoll ist und ihn nicht alle gehen wollen.

Wer dazu (noch) nicht bereit ist, kann zwar die Sakramente nicht empfangen, solange dieser ungeordnete Zustand andauert, ist aber dennoch eingeladen, am Leben der Kirche so weit wie möglich teilzunehmen. In diesem Zusammenhang kann man auch anmerken, dass der Ausschluss vom Empfang der heiligen Kommunion nicht nur für geschiedene und zivil wiederverheiratete Personen gilt, sondern für all jene, die für dieses Sakrament aus oft verschiedenen Gründen nicht ausreichend disponiert sind. Wollten hier alle Gläubigen ihre eigene Verantwortung stärker wahrnehmen, dann gäbe es keine Selbstverständlichkeit des Kommunionempfanges, und ein fallweises oder aufgrund der Lebenssituation auch länger dauerndes Ausgeschlossen-Sein von der sakramentalen Kommunion würde nicht als Diskriminierung empfunden, sondern als heilsamer Aufruf zur Klärung der eigenen Situation im Sinne der stets nötigen Umkehr zu Gott.[37]

Johannes Paul II. hat im Hinblick auf solche Verbindungen noch einen speziellen Punkt angesprochen. Liturgische Segensfeiern für Geschiedene, die zivil heiraten[38], sind ebenfalls nicht möglich:

„Die erforderliche Achtung vor dem Sakrament der Ehe, vor den Eheleuten selbst und deren Angehörigen wie auch gegenüber der Gemeinschaft der Gläubigen verbietet es jedem Geistlichen, aus welchem Grund oder Vorwand auch immer, sei er auch pastoraler Natur, für Geschiedene, die sich wiederverheiraten, irgendwelche liturgischen Handlungen vorzunehmen. Sie würden ja den Eindruck einer neuen sakramental gültigen Eheschließung erwecken und daher zu Irrtümern hinsichtlich der Unauflöslichkeit der gültig geschlossenen Ehe führen.“[39]

Gegenüber einer von diesen Weisungen abweichenden pastoralen Praxis kann ist kritisch anzufragen:

- Geht durch die „Sonderpraxis“ einzelner Pfarrer, wenn sie hier vielleicht auch besten Willens „vorpreschen“ und derartige Paare liturgisch segnen, nicht die kirchliche Einheit in einem wesentlichen Punkt verloren? Die Folge ist, dass dann Priester gegeneinander ausgespielt und in „gute“ und „böse“ (oder in „fortschrittliche“ und „altmodische“) unterteilt werden. Ausdrücklich geht es hier nicht um eine Bewertung der subjektiven Motive solcher Seelsorger, doch kann man auch guten Glaubens etwas objektiv Falsches tun.

- Wie werden solche Segensfeiern im Einzelfall gestaltet? Es gibt hier viel an Willkür, von einer einfachen Ringsegnung bis hin zur regelrechten Abhaltung einer liturgischen Trauung, die in nichts von einer normalen Hochzeit zu unterscheiden ist. In diesem Fall würde es sich tatsächlich um die Simulation eines Sakraments handeln, d.h. um die Vortäuschung einer sakramentalen Handlung.[40]

- Wie erklärt man dem zu Unrecht verlassenen Ehepartner, der keine neue Verbindung eingegangen ist und sein Treueversprechen weiterhin ernst nehmen will, die Tatsache, dass „die Kirche“ die „Zweitehe“ des anderen Partners (der vielleicht sogar die Ehe zerstört hat), jetzt „einsegnen“ und damit offenbar „gutheißen“ will?

- Wie geht es Ehepaaren, die sich mit Gottes Hilfe um die Treue in guten und bösen Tagen bemühen und die auch unter großen Schwierigkeiten zusammenbleiben, wenn Verbindungen eingesegnet werden, die eben dem Sinn des Ehesakraments widersprechen und damit auch ihr eigenes Treueversprechen ad absurdum führen?

- Würden solche Segnungen auf Dauer und in großem Ausmaß praktiziert, dann entstünde unweigerlich der Eindruck: Das Eheversprechen ist nicht mehr ernst gemeint. Der Lehre der Kirche zur Unauflöslichkeit der Ehe hätte (vielleicht) zwar noch theoretische Geltung, aber keine praktische mehr.

Gewiss bestehen hier mitunter sehr leidvolle Problemen, die nicht vollständig gelöst und behoben werden können. Der christliche Glaube schenkt den Betroffenen Trost und Hoffnung. Gott hilft allen Menschen guten Willens dabei, dass Wunden heilen und ihnen Leben in Fülle zuteil wird. Pastorale Liebe und Offenheit für die Wahrheit Gottes müssen sich stets verbinden. Nur dann hilft man den Menschen auch wirklich und dient ihrem Wohl und Heil.

Als der englische König Heinrich VIII. von Papst Clemens VII. die Lösung seiner rechtmäßigen Ehe mit Katharina von Aragón verlangte, konnte dieser nicht nachgeben, auch wenn er wusste, dass damit die Kircheneinheit auf dem Spiel stand. Der Lordkanzler und Familienvater Thomas Morus sowie der Bischof von Rochester, John Fisher, welche die eidlich bekundete Anerkennung der Oberhoheit des englischen Königs über die Kirche verweigerten und daher im Jahr 1535 das Martyrium erlitten, können als besondere Fürsprecher bei Gott angerufen werden!

 

 


 

 

[1] „Gott schuf also den Menschen als sein Abbild; als Abbild Gottes schuf er ihn. Als Mann und Frau schuf er sie.” (Gen 1,27)

[2] Demgegenüber lehnen bestimmte Formen der Gender-Theorie eben diese ganzheitlich-positive Prägung des Menschen als Mann bzw. Frau ab: vgl. Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz, Frau – Männin – Menschin. Zwischen Feminismus und Gender, Kevelaer 2009.

[3] Theologisch sprechen wir von der „Konkupiszenz“, d.h. dem ungeordneten Begehren: „Infolge der Erbsünde ist die menschliche Natur zwar nicht durch und durch verdorben, aber in ihren natürlichen Kräften verletzt, der Unwissenheit, dem Leiden und der Herrschaft des Todes unterworfen und zur Sünde geneigt. Diese Neigung heißt Konkupiszenz“ (Katechismus der Katholischen Kirche. Kompendium, München-Vatikan 2005, Nr. 77). Vgl. Josef Spindelböck, Das sittliche Leben des Christen im Spannungsfeld von Konkupiszenz und Gnade, in: Josef Kreiml / Michael Stickelbroeck / Ildefons Manfred Fux / Josef Spindelböck (Hg.), Der Wahrheit verpflichtet. Festschrift für em. Diözesanbischof Prof. Dr. Kurt Krenn zum 70. Geburtstag, Graz 2006, 317–326.

[4] „Oder wisst ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des Heiligen Geistes ist, der in euch wohnt und den ihr von Gott habt? Ihr gehört nicht euch selbst; denn um einen teuren Preis seid ihr erkauft worden. Verherrlicht also Gott in eurem Leib!” (1 Kor 6,19–20)

[5] „Gott hat den Menschen nach seinem Bild und Gleichnis erschaffen: den er aus Liebe ins Dasein gerufen hat, berief er gleichzeitig zur Liebe. ‚Gott ist Liebe‘ und lebt in sich selbst ein Geheimnis personaler Liebesgemeinschaft. Indem er den Menschen nach seinem Bild erschafft und ständig im Dasein erhält, prägt Gott der Menschennatur des Mannes und der Frau die Berufung und daher auch die Fähigkeit und die Verantwortung zu Liebe und Gemeinschaft ein. Die Liebe ist demnach die grundlegende und naturgemäße Berufung jedes Menschen.“ – Johannes Paul II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben „Familiaris consortio“ (= FC) über die Rolle der christlichen Familie in der modernen Welt (Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls 33), 22. November 1981, Nr. 11.

[6] Vgl. die programmatische Enzyklika dieses Namens von Benedikt XVI. über die christliche Liebe vom 25. Dezember 2005 (Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls 171).

[7] „Die christliche Offenbarung kennt zwei besondere Weisen, die Berufung der menschlichen Person zur Liebe ganzheitlich zu verwirklichen: die Ehe und die Jungfräulichkeit. Sowohl die eine als auch die andere ist in der ihr eigenen Weise eine konkrete Verwirklichung der tiefsten Wahrheit des Menschen, seines ‚Seins nach dem Bild Gottes‘.“ – Johannes Paul II., FC 11.

[8] „Seiner innersten Struktur nach befähigt der eheliche Akt, indem er den Gatten und die Gattin aufs engste miteinander vereint, zugleich zur Zeugung neuen Lebens, entsprechend den Gesetzen, die in die Natur des Mannes und der Frau eingeschrieben sind. Wenn die beiden wesentlichen Gesichtspunkte der liebenden Vereinigung und der Fortpflanzung beachtet werden, behält der Verkehr in der Ehe voll und ganz den Sinngehalt gegenseitiger und wahrer Liebe, und seine Hinordnung auf die erhabene Aufgabe der Elternschaft, zu der der Mensch berufen ist.“ – Paul VI., Enzyklika „Humanae vitae“ (= HV) über die rechte Ordnung der Weitergabe des menschlichen Lebens (in: Geheimnis ehelicher Liebe. Humanae vitae – 40 Jahre danach, hg. v. Christoph Casetti / Maria Prügl, Salzburg 2008, 27–48), 25. Juli 1968, Nr. 12.

[9] „Wir wollen uns freuen und jubeln und ihm die Ehre erweisen. Denn gekommen ist die Hochzeit des Lammes, und seine Frau hat sich bereit gemacht.“ (Offb 19,7)

[10] „Einer ordne sich dem andern unter in der gemeinsamen Ehrfurcht vor Christus. Ihr Frauen, ordnet euch euren Männern unter wie dem Herrn; denn der Mann ist das Haupt der Frau, wie auch Christus das Haupt der Kirche ist; er hat sie gerettet, denn sie ist sein Leib. Wie aber die Kirche sich Christus unterordnet, sollen sich die Frauen in allem den Männern unterordnen. Ihr Männer, liebt eure Frauen, wie Christus die Kirche geliebt und sich für sie hingegeben hat, um sie im Wasser und durch das Wort rein und heilig zu machen. So will er die Kirche herrlich vor sich erscheinen lassen, ohne Flecken, Falten oder andere Fehler; heilig soll sie sein und makellos. Darum sind die Männer verpflichtet, ihre Frauen so zu lieben wie ihren eigenen Leib. Wer seine Frau liebt, liebt sich selbst. Keiner hat je seinen eigenen Leib gehasst, sondern er nährt und pflegt ihn, wie auch Christus die Kirche. Denn wir sind Glieder seines Leibes. Darum wird der Mann Vater und Mutter verlassen und sich an seine Frau binden, und die zwei werden ein Fleisch sein. Dies ist ein tiefes Geheimnis; ich beziehe es auf Christus und die Kirche.“ (Eph 5,21–32)

[11] Vgl. dazu grundlegend und umfassend: Karol Wojtyła, Liebe und Verantwortung. Eine ethische Studie, hg. von Josef Spindelböck, Kleinhain 2007/20102; Johannes Paul II., Die menschliche Liebe im göttlichen Heilsplan. Eine Theologie des Leibes, hg. v. Norbert und Renate Martin, Kisslegg 20082.

[12] Auf den Schöpfungsplan Gottes („am Anfang“) nimmt Jesus Christus in Mt 19,8 Bezug, als er die Scheidungsmöglichkeit inklusive Wiederverheiratung kategorisch ausschließt.

[13] „Darum verlässt der Mann Vater und Mutter und bindet sich an seine Frau, und sie werden ein Fleisch.“ (Gen 2,24)

[14] All dies kommt in den Worten des liturgischen Trauungsritus zum Ausdruck: „N., vor Gottes Angesicht nehme ich dich an als meine Frau / meinen Mann. Ich verspreche dir die Treue in guten und in bösen Tagen, in Gesundheit und Krankheit, bis der Tod uns scheidet. Ich will dich lieben, achten und ehren, alle Tage meines Lebens.“ (Die Feier der Trauung in den katholischen Bistümern des deutschen Sprachgebietes, Freiburg u.a. 19982, 40–41)

[15] Vgl. can. 1083 CIC. Die Kirche hält sich grundsätzlich an die staatliche Regelung (Volljährigkeit); in begründeten Fällen wird einem Antrag auf Herabsetzung des Heiratsalters nachgegeben.

[16] Vgl. can. 1095 CIC. Ist jemand z.B. ein starker Alkoholiker, so ist dies von vornherein fraglich; ähnlich bei tiefsitzenden homosexuellen Tendenzen, bei psychischer Instabilität etc.

[17] Vgl. cann. 1083–1094 CIC (fehlendes Alter, Unfähigkeit zum Beischlaf, bestehende gültige Ehe, Religionsverschiedenheit, Bindung durch Weihesakrament oder Ordensgelübde, Entführung, Gattenmord, Blutsverwandtschaft, Schwägerschaft). Von Hindernissen, die nicht göttlichen Rechts sind, kann die Kirche bei Vorliegen eines gerechten Grundes dispensieren.

[18] „Die Endgültigkeit der ehelichen Treue, die heute vielen nicht mehr verständlich erscheinen will, ist ebenfalls ein Ausdruck der unbedingten Würde des Menschen. Man kann nicht nur auf Probe leben, man kann nicht nur auf Probe sterben. Man kann nicht nur auf Probe lieben, nur auf Probe und Zeit einen Menschen annehmen.“ – Johannes Paul II., Predigt beim Deutschlandbesuch am 15. November 1980 in Köln.

[19] Vgl. Konzil von Trient, 24. Sitzung, 11. November 1563, DzH 1797–1816.

[20] Vgl. im „Credo des Gottesvolkes“ („Sollemnis professio fidei”, lat. in: AAS 60 [1968] 437–445), das Paul VI. am 30. Juni 1968 in feierlicher Weise vorgelegt hat (http://www.padre.at/credo.htm): „Wir glauben an den einen Gott: Vater, Sohn und Heiligen Geist, Schöpfer der sichtbaren Dinge, wie es diese Welt ist, auf der unser flüchtiges Leben sich abspielt, Schöpfer der unsichtbaren Dinge, wie es die reinen Geister sind, die man auch Engel nennt, und Schöpfer der unsterblichen Geistseele eines jeden Menschen.“ (Nr. 1) Ähnlich auch KKK 366: „Die Kirche lehrt, dass jede Geistseele unmittelbar von Gott geschaffen ist – sie wird nicht von den Eltern ‚hervorgebracht‘ …“

[21] „Jetzt aber – so spricht der Herr, der dich geschaffen hat, Jakob, und der dich geformt hat, Israel: Fürchte dich nicht, denn ich habe dich ausgelöst, ich habe dich beim Namen gerufen, du gehörst mir.” (Jes 43,1)

[22] In can. 1013 CIC 1917 fand sich eine Hierarchisierung der Ehezwecke: 1. Zeugung und Erziehung von Kindern, 2. gegenseitige Hilfeleistung und Heilung des sexuellen Begehrens. („Matrimonii finis primarius est procreatio atque educatio prolis; secundarius mutuum adiutorium et remedium concupiscentiae.“) Auch gemäß diesem traditionellen Verständnis wurde vorausgesetzt, dass die eheliche Liebe nicht in ein Konkurrenzverhältnis zu den übrigen Ehezwecken treten kann, sondern dass sie vielmehr als deren Lebens- und Einheitsprinzip angesehen werden muss.

[23] „Ebenso ist jede Handlung verwerflich, die entweder in Voraussicht oder während des Vollzugs des ehelichen Aktes oder im Anschluss an ihn beim Ablauf seiner natürlichen Auswirkungen darauf abstellt, die Fortpflanzung zu verhindern, sei es als Ziel, sei es als Mittel zum Ziel“ (Paul VI., HV 14). Zur Problematik der IVF und ähnlicher Techniken vgl. Kongregation für die Glaubenslehre, Instruktion „Dignitas Personae” über einige Fragen der Bioethik (Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls 183), 8. September 2008.

[24] „In ihrer Aufgabe, menschliches Leben weiterzugeben und zu erziehen, die als die nur ihnen zukommende Sendung zu betrachten ist, wissen sich die Eheleute als mitwirkend mit der Liebe Gottes des Schöpfers und gleichsam als Interpreten dieser Liebe. Daher müssen sie in menschlicher und christlicher Verantwortlichkeit ihre Aufgabe erfüllen und in einer auf Gott hinhörenden Ehrfurcht durch gemeinsame Überlegung versuchen, sich ein sachgerechtes Urteil zu bilden. Hierbei müssen sie auf ihr eigenes Wohl wie auf das ihrer Kinder – der schon geborenen oder zu erwartenden – achten; sie müssen die materiellen und geistigen Verhältnisse der Zeit und ihres Lebens zu erkennen suchen und schließlich auch das Wohl der Gesamtfamilie, der weltlichen Gesellschaft und der Kirche berücksichtigen. Dieses Urteil müssen im Angesicht Gottes die Eheleute letztlich selbst fällen.“ (2. Vatikanisches Konzil, GS 50)

[25] „Wo es sich um den Ausgleich zwischen ehelicher Liebe und verantwortlicher Weitergabe des Lebens handelt, hängt die sittliche Qualität der Handlungsweise nicht allein von der guten Absicht und Bewertung der Motive ab, sondern auch von objektiven Kriterien, die sich aus dem Wesen der menschlichen Person und ihrer Akte ergeben und die sowohl den vollen Sinn gegenseitiger Hingabe als auch den einer wirklich humanen Zeugung in wirklicher Liebe wahren. Das ist nicht möglich ohne aufrichtigen Willen zur Übung der Tugend ehelicher Keuschheit. Von diesen Prinzipien her ist es den Kindern der Kirche nicht erlaubt, in der Geburtenregelung Wege zu beschreiten, die das Lehramt in Auslegung des göttlichen Gesetzes verwirft.“ (GS 51)

[26] Im Hinblick auf pastorale Lösungen und Irrwege vgl. Giovanni B. Sala, Vom Sinn und Unsinn einer „differenzierten“ Betrachtung in der Moral. Zu einer neuen Pastoral für wiederverheiratete Geschiedene, in: ders., Kontroverse Theologie. Ausgewählte theologische Schriften, Bonn 2005, 89–132.

[27] Den kirchlichen Anspruch der Ehe als lebenslängliche Gemeinschaft bezeichnete die Psychoanalytikerin Rotraud Perner in der jüngsten Ausgabe des Magazins „inpuncto“ anlässlich der „Langen Nacht der Kirchen“ am 28. Mai 2010 als „Würgeschnur“. Historisch gesehen sollte der Anspruch verhindern, „dass Männer nach Lust und Laune Frauen verlassen, die sie zuvor geschwängert hatten – was sie heute ja tun“. Die Formel „Bis dass der Tod euch scheidet“ sollte heute interpretiert werden als „Solange die Beziehung lebendig ist“. Wenn die Beziehung aber tot sei, gehöre sie in Ehren bestattet. – Vgl. Kathpress, 19.05.2010.

[28] Vgl. Angelo Cardinal Scola, Das hochzeitliche Geheimnis, Einsiedeln 2006; Scott Hahn, Gottes Bundestreue: Ein Vater, der seine Versprechen hält, Stein am Rhein 2004.

[29] Johannes Paul II., FC 83.

[30] Johannes Paul II., FC 84. Vgl. Kongregation für die Glaubenslehre, Schreiben an die Bischöfe der katholischen Kirche über die Zulassung wiederverheirateter Geschiedener zum Kommunionempfang vom 14. September 1994, .

[31] Zum Ablauf des kirchlichen Ehenichtigkeitsverfahrens vgl. Päpstlicher Rat für die Gesetzestexte, Instruktion „Dignitas connubii“ vom 25. Januar 2005, Vatikan 2005.

[32] Vgl. Österreichische Bischofskonferenz, Orientierungshilfe in der Pastoral für geschiedene und wiederverheiratete geschiedene Gläubige, hg. von Bischof Klaus Küng und von der Glaubenskongregation approbiert, Wien 2002.

[33] Johannes Paul II., FC 84.

[34] Ebd.

[35] „Die leibliche und sexuelle Gemeinschaft ist etwas Großes und Schönes. Sie ist aber nur dann voll menschenwürdig, wenn sie in eine personale, von der bürgerlichen und kirchlichen Gemeinschaft anerkannte Bindung integriert ist. Volle Geschlechtsgemeinschaft zwischen Mann und Frau hat darum ihren legitimen Ort allein innerhalb der ausschließlichen und endgültigen personalen Treuebindung in der Ehe“ (Johannes Paul II., Predigt am 15. November 1980 in Köln). Vgl. auch Kongregation für die Glaubenslehre, Erklärung zu einigen Fragen der Sexualethik „Persona humana“ vom 29. Dezember 1975 (Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls 1), Nr. 5: „Derselbe Grundsatz, dass die Kirche aus der göttlichen Offenbarung und der eigenen authentischen Interpretation des Naturgesetzes schöpft, begründet auch ihre traditionelle Lehre, nach der der Ge­brauch der Geschlechtskraft nur in der rechtsgültigen Ehe seinen wah­ren Sinn und seine sittliche Rechtmäßigkeit erhält.“

[36] Vgl. KKK 2384: „Die Ehescheidung missachtet den Bund des Heiles, dessen Zeichen die sakramentale Ehe ist. Das Eingehen einer, wenn auch vom Zivilrecht anerkannten, neuen Verbindung verstärkt den Bruch noch zusätzlich. Der Ehepartner, der sich wieder verheiratet hat, befindet sich dann in einem dauernden, öffentlichen Ehebruch.“

[37] „Wer also unwürdig von dem Brot isst und aus dem Kelch des Herrn trinkt, macht sich schuldig am Leib und am Blut des Herrn. Jeder soll sich selbst prüfen; erst dann soll er von dem Brot essen und aus dem Kelch trinken.” (1 Kor 11,27–28)

[38] Vgl. auch Wilhelm Rees, Scheidung und Wiederheirat und die (Un-)Möglichkeit einer liturgischen Feier. Anmerkungen aus kirchenrechtlicher Sicht, in: forum iuridicum, Warschau 2 (2003), 189–207.

[39] Johannes Paul II., FC 84.

[40] Vgl. can. 1379 CIC: „Wer … eine Sakramentenspendung vortäuscht, soll mit einer gerechten Strafe belegt werden.“