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Predigt:

Christkönigssonntag C (21.11.2004)

L1: 2 Sam 5,1-3; L2: Kol 1,12-20; Ev: Lk 23,35-43


Josef Spindelböck

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Der Christkönigssonntag lenkt unseren Blick zum Abschluss des Kirchenjahres auf den Herrn aller Welten und Zeiten, auf Jesus Christus, den König! Ja, wir bekennen voll Freude: Jesus Christus ist ein König; er ist der Herrscher über das All, der Gott und König, der uns in sein ewiges Reich berufen hat.

Wenn wir den Lauf der Dinge beobachten und den Gang dieser Welt, dann sind wir vielleicht versucht zu sagen: „Ich sehe so viel Macht und Gewalt, Unterdrückung und Ungerechtigkeit bei den Herrschern dieser Welt. Wo aber ist Christus, der König?“

Tatsächlich ist dieser Einwand nicht von der Hand zu weisen. Wie Jesus selber einmal zu seinen Aposteln sagte, missbrauchen die Mächtigen ihre Macht sehr oft und üben ihre Herrschaft teilweise willkürlich und ungerecht aus (vgl. Lk 22,25). Und dann fügte der Herr hinzu, um seine Jünger zu belehren: „Bei euch aber soll es nicht so sein, sondern der Größte unter euch soll werden wie der Kleinste, und der Führende soll werden wie der Dienende“ (Lk 22,26).

Es scheint also, dass uns der Herr eine neue Weise des Königtums vor Augen stellt. Er spricht davon, dass der Größte wie ein Geringer werden soll und dass die Amtsinhaber und Leitungsverantwortlichen ihre Aufgabe als einen Dienst verstehen und ausüben sollen. Nicht der persönliche Ehrgeiz oder das egoistische Machtstreben darf im Mittelpunkt stehen, sondern die liebende Hingabe für den Nächsten. Und wer diese Freiheit der Liebe im Herzen trägt, der ist in Wahrheit ein König – und sei er auch in dieser Welt verachtet und an den Rand gedrängt.

Jetzt könnte jemand zu den Worten Jesu sagen: „Der hat ja leicht reden.“ Aber dieser Einwand gilt nicht. Denn Jesus Christus hat seine Worte mit ihrem hohen Anspruch eingelöst durch sein Leben, das in seinem Leiden und Sterben und in seiner Auferstehung und Himmelfahrt gipfelte. Jesus war selber der erste, der das verwirklichte, was er von anderen forderte. Wenn er vom Dienen sprach, um zu herrschen, so erwies er sich als der Erste aller Diener. Er wollte unter seinen Jüngern der sein, der bedient, nicht der, welcher herrscht und sich bedienen lässt (vgl. Lk 22,27).

Dies zeigt sich in ganz einzigartiger Weise am Gipfel der Tätigkeit des Herrn. Dieser Höhepunkt ist nicht etwa schon sein feierlicher Einzug in Jerusalem, als ihm die Menschen zujubeln und ihn als ihren König verehren (vgl. Lk 19,28–40). Da erwarten die begeisterten Anhänger Jesu ja von ihm, dass er in der Art anderer Könige seine Herrschaft antreten soll. Er solle machtvoll auftreten, mit Gewalt die römischen Besatzer vertreiben und als König der Juden herrschen.

Nein, der Höhepunkt des Wirkens Jesu ist erst an seinem Kreuz zu finden! Wie ohnmächtig hängt er dort, weil er sich in seiner unbegreiflichen Liebe zu uns Menschen festbinden und annageln ließ von denen, die ihn in unbegreiflichem Hass töten wollten. Diese Situation äußerer Hilflosigkeit verleitet seine Gegner zum Spott: „Anderen hat er geholfen, nun soll er sich selbst helfen, wenn er der erwählte Messias Gottes ist“ (Lk 23,35). Sie urteilten nur nach dem Augenschein und meinten, Jesus wäre jetzt erledigt und am Ende.

Aber in Wirklichkeit begann hier am Kreuz der Triumph seiner barmherzigen Liebe, welche siegen sollte über jede Art der Sünde, über den Tod und über alles Böse. Im Evangelium des heutigen Tages erfährt der reuige Verbrecher, der mit Jesus am Kreuz hängt, als erster seine Gnade. Bezeichnend sind die Worte, die dieser „rechte Schächer“ zu Jesus spricht: „Jesus, denk an mich, wenn du in dein Reich kommst“ (Lk 23,42). Hier bekennt der Verbrecher, dem seine Taten Leid tun und der durch das Beispiel Jesu zum Glauben gefunden hat, dass Jesus wirklich ein König ist. Die Aufschrift am Kreuz (I.N.R.I. = Iesus Nazarenus Rex Iudaeorum = Jesus von Nazareth, König der Juden) ist nicht eine bloße äußere Zuschreibung oder gar eine Verspottung. Er ist der einzige und wirkliche König der Juden und zugleich der ganzen Welt. Sein Reich hat Bestand auf ewig. Es geht nicht unter. Er ist König auch dann, wenn er am Kreuze stirbt. Die Macht seiner Liebe siegt über alle Bosheit der Welt und des Teufels. Nicht der Tod, sondern das Leben hat das letzte Wort.

Die Verheißung, dies Jesus dann ausspricht, gilt in erster Linie dem reuigen Verbrecher: „Amen, ich sage dir: Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein“ (Lk 23,42). In abgewandelter Weise ist es aber ein Trostwort für uns alle: Auch wir werden einst bei Jesus Christus im Paradiese sein, wenn wir an ihn glauben und seine Liebe annehmen!

Wenden wir uns also am heutigen Tag voll Vertrauen wieder unserem Herrn Jesus Christus zu. Er ist jener König, dem wir nahen dürfen, der uns zu sich ruft in Liebe. In der Gnade des Heiligen Geistes zieht er uns an sein Heiligstes Herz, um uns den Vater zu offenbaren, der ihm nach seiner Auferstehung und Himmelfahrt auch in seiner verherrlichten Menschheit alle Macht des Himmels und der Erde gegeben hat.

Dienen wir einander in Liebe; dann werden wir mit Recht Kinder Gottes genannt, was wir in Wahrheit auch sind, und werden einst als Erben des himmlischen Königreichs für würdig befunden einzutreten in jene Seligkeit, die uns niemand mehr nehmen kann. Dort warten auf uns die Engel und Heiligen. Dann möge uns die Gottesmutter Maria ihrem Sohn Jesus Christus vorstellen, dem König der Könige, dessen Reich kein Ende hat. Amen.