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Predigt:

Wir alle bedürfen der Umkehr

24. Sonntag im Jahreskreis C (16.09.2007)

L1: Ex 32,7-11.13-14; L2: 1 Tim 1,12-17; Ev: Lk 15,1-32


Josef Spindelböck

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Anhand von drei Gleichnissen, die uns wohlvertraut sind (verlorenes Schaf – verlorene Drachme – verlorener Sohn), stellt unser Herr Jesus Christus heraus, wie wertvoll und einzigartig es vor Gott und seinen Engeln im Himmel ist, wenn ein Sünder sich bekehrt und gleichsam heimfindet ins Vaterhaus des gütigen und barmherzigen Gottes.

Die Ausführungen unseres Herrn im Evangelium sind von größter Bedeutung für jeden Menschen, da es – ausgenommen unseren Herrn Jesus Christus selber und seine heilige Mutter Maria – niemanden gibt, der nicht in irgendeiner Weise von der Sünde betroffen war oder ist: sei es die persönliche Sünde, die jemand in verschiedenen Graden und Arten begehen kann, wenn er eben „nur“ lässlich sündigt oder aber schwer, sei es die Erbsünde, welcher alle Menschen seit Adam unterworfen sind (Jesus und Maria ausgenommen: Jesus, weil er als wahrer Gott und Mensch der Erlöser ist, und Maria, weil sie als Mutter des Erlösers von ihm auf vollkommene Weise vor jeder Sünde bewahrt worden ist).

Und doch müssen wir sagen, dass das Lebensgefühl des modernen Menschen dieser allgemeinen Schuldverstrickung der Menschheit insgesamt und jedes einzelnen Menschen radikal zu widersprechen scheint: Im Gegensatz zu früher fühlt sich der Mensch von heute nicht mehr als Sünder, sondern sieht sich selber in jeder Weise als großartig an. Oft fehlt ihm die Einsicht und die Bereitschaft, eigenes Versagen zu erkennen und einzugestehen; dementsprechend werden auch Wege der Versöhnung nicht leicht gefunden und eingeschlagen, wenn es etwa im zwischenmenschlichen Bereich zu Spannungen und Auseinandersetzungen gekommen ist. Zu sehr gibt es die Tendenz zur Selbstrechtfertigung, ja in gewisser Weise zur Selbsterlösung, als dass der moderne Mensch noch ein Gespür dafür hätte, dass er selber oft sehr armselig ist und in jedem Fall der Gnade und Vergebung Gottes bedarf.

Ähnelt dieser moderne Mensch, wie wir ihn hier gewiss nur verallgemeinernd und darum für den Einzelfall vielleicht gar nicht zutreffend beschreiben, nicht in vielem dem „braven“, älteren Sohn des Gleichnisses Jesu, der so sehr von seiner eigenen Gerechtigkeit überzeugt ist, dass es ihm gar nicht einfallen will, dass er auch selber gesündigt hätte bzw. der durch seine Weigerung, vom hohen Ross der Selbstüberschätzung herabzusteigen, am Ende in der selbst gewählten Isolation verbleibt, während die anderen teilnehmen dürfen am Festmahl? Der moderne Mensch in seiner Selbstherrlichkeit kennt keine Schuld mehr, sondern nur mehr Schuldgefühle, die er verdrängt und abschiebt bzw. wegtherapieren lässt, wo sie allzu störend sind.

Die eigentliche Wurzel einer solchen Haltung ist der fehlende Gottesbezug. Weil Gott kein Thema mehr für diesen Menschen ist, gibt es letztlich auch keine Schuld mehr. Wo es aber kein Eingeständnis von Schuld gibt, kann auch keine Vergebung gefunden werden. Wo keine Vergebung gefunden wird, bleibt der Mensch unerlöst und sich selber überlassen. Er kreist im Egoismus um sich selbst und kann sich nicht in Liebe öffnen für Gott und seine Mitmenschen. Die eigentliche Tragödie besteht dann darin, dass ein solcher Mensch in seiner Verblendung gar nicht mehr begreift, in welchem Elend er sich befindet. Er ist wirklich geistlich „tot“ geworden und hat keinen Sinn mehr für Höheres. Auch wenn er sich selbst als Helden feiert, ist er doch in gewisser Weise unter das Tier gesunken, das seinen natürlichen Bedürfnissen folgt, während ein solcher Mensch in seiner Überheblichkeit ganz und gar unvernünftig handelt und sich selber vom Quell des Lebens abgeschnitten hat.

Und doch müssen wir sagen: Das ist Gott sei Dank nicht die Beschreibung der ganzen gegenwärtigen Wirklichkeit. Überall gibt es Menschen, und das sind gar nicht wenige, die erkennen, dass es ohne Gott nicht geht. Auch dort, wo sie bis jetzt nur auf die eigenen Kräfte gebaut haben und vielleicht in letzter Konsequenz durch ihre Uneinsichtigkeit und ihren Starrsinn großes Unheil gestiftet haben, gibt es die Möglichkeit der Einsicht und Umkehr. Diese Umkehr ist mit der Gnade Gottes gar nicht so schwer, wie es vielleicht scheint. Vielmehr erlebt der Sünder, der heimkehren darf zum himmlischen Vater, dies als echte Befreiung. Er ist nun nicht mehr dem Zwang der Selbstrechtfertigung ausgesetzt und braucht sich und anderen nichts mehr vorzumachen. Er darf daran glauben, dass Gott ihn liebt und annimmt, wie er ist, auch in seinen Schwächen, Unvollkommenheiten und Fehlern. Ja, Gott nimmt den Sünder an in seiner ganzen Armseligkeit, um ihn gleichsam neu mit dem hochzeitlichen Gewand der Gnade zu bekleiden. Die heilige Beichte kann hier wirklich als Sakrament der Versöhnung und des Neubeginns erfahren werden und zum Quell neuer Freude werden.

Wer aber selber in Dankbarkeit weiß, dass Gott ihm verziehen hat, der wird nicht mehr leichtfertig mit der Sünde spielen, sondern die Gelegenheit zum Bösen meiden und sich nach Kräften bemühen, das Gute zu tun. Vor allem aber wir er barmherzig sein gegenüber seinen Mitmenschen, auch da, wo er menschliches Ungenügen, Versagen und Schuld wahrnimmt. Wem selber in reichem Maß vergeben wurde, der soll auch bereit sein, anderen zu vergeben. Nicht anders beten wir es ja auch im Vaterunser: Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern!

Die heilige Gottesmutter Maria, die Mutter der Barmherzigkeit, weist uns in Liebe den Weg der Umkehr, deren wir alle in der einen oder anderen Form stets bedürfen. Gottes Liebe schenkt dem Sünder Reue und Umkehr und ein neues Leben in der Freude der Gemeinschaft mit Gott und den Engeln und Heiligen des Himmels.

Amen.