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Predigt:

Vollendung im Himmel, Bewährung auf Erden

19. Sonntag im Jahreskreis C (08.08.2010)

L1: Weish 18,6-9; L2: Hebr 11,1-2.8-19; Ev: Lk 12,32-48


Josef Spindelböck

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Auf dieser Welt haben wir keine bleibende Stätte. Wir sind unterwegs zu unserem letzten Ziel, der Gemeinschaft mit Gott und allen Engeln und Heiligen im Himmel!

Diese Wahrheit wird uns durch die Lesungen und das Evangelium dieses Sonntags in anschaulicher Weise verkündet. Und doch vergessen wir so leicht auf diese unsere eigentliche Berufung; wir sind auf Erden nur „Fremdlinge und Gäste“, wie es im Hebräerbrief heißt, unsere wahre Heimat ist im Himmel.

Vor zwei extremen und falschen Auffassungen sollen wir uns als Christen hüten: vor einer Haltung, wonach nur das Diesseits zählt, aber auch vor einer anderen Sichtweise, wonach dieses Leben auf Erden überhaupt nicht wichtig sei, weil ja ohnehin erst nachher das Eigentliche kommt.

Als Glaubende ist uns schon klar, dass eine Auffassung nicht richtig sein kann, gemäß welcher wir den einzigen Sinn dieses Lebens im Wohlergehen hier auf Erden finden. Erstens geht es nicht allen gut: nur relativ wenige können sagen, sie erhielten das, was sie sich in materieller und sonstiger Hinsicht wünschen und ersehnen, während viele sogar das Lebensnotwendige entbehren müssen; zweitens ist das, was jemand hier sein eigen nennt, und wäre er der reichste und scheinbar glücklichste Mensch, sehr schnell wieder verflogen. Spätestens mit dem Tod muss er von den irdischen Gütern Abschied nehmen. Was bleibt ihm also davon?

Trotz dieser klaren Einsicht tun und leben manche Menschen so, als ob es nichts anderes gäbe als dieses Dasein hier auf Erden. Auch als Christen sind wir nicht immun gegenüber der Versuchung des Materialismus: so zu leben, als ob es Gott nicht gäbe und kein ewiges Leben – als ob allein das kurze Dasein hier auf Erden zählen würde. Was dann übrig bleibt, wenn man alles auf diese vergängliche Karte setzt, ist nicht Freude und Hoffnung, Liebe und Erfüllung, sondern Trauer und Enttäuschung, da alles wieder verloren geht, was man als sein eigentliches Ziel gesehen hat.

Eine andere Haltung ist jedoch ebenso falsch: Wenn jemand sagen würde, ich erwarte ja das Himmelreich und daher lege ich die Hände hier auf Erden in den Schoß, denn mit dieser „bösen Welt“ will ich nichts zu tun haben. Das wäre ein großes Missverständnis, so als ob uns Gott diese Welt gar nicht anvertraut hätte, dass wir auf ihr unser Heil wirken und uns einsetzen für das Wohl unserer Mitmenschen. Im Gegenteil!

Je mehr wir auf das Reich Gottes warten und bereit sind für die Ankunft des Herrn, desto aufmerksamer werden wir auch in unserer Gegenwart. Wir nehmen das Leben hier auf Erden an als kostbares Geschenk des gütigen himmlischen Vaters, für das wir Verantwortung tragen. Die guten Gaben, die wir empfangen haben, gilt es einzusetzen, damit wir einmal die Frucht unseres Lebens vor Gott hinbringen können. Ja, es ist seine Gnade, die uns rettet; doch Gott hat uns als vernünftige und freie Menschen erschaffen und gewollt, und wir sollen diese unsere Fähigkeiten und Talente einsetzen.

Der christliche Glaube trägt also dazu bei, dass diese Welt insgesamt menschlicher wird, je mehr wir uns auf die rettende Botschaft des Heils einlassen. Gott zeigt uns, welch große Würde und Berufung dem Menschen zukommt, sodass wir einander achten und lieben können. Gott verbindet uns in seiner Familie zu einer großen Gemeinschaft der Liebe, und dies soll sich auswirken auch auf die bürgerliche Gesellschaft und die verschiedenen Lebensbereiche.

Ja, unser Dasein hier auf Erden erhält gerade dadurch seinen wahren Sinn, wenn wir wissen, dass uns ein letztes Ziel im Himmelreich gegeben ist, wo alles Gute seine Vollendung findet und wir wirklich den Frieden empfangen, nach dem wir uns sehnen.

Möge uns die jungfräuliche Gottesmutter Maria durch ihre Fürbitte beistehen, sodass wir als pilgerndes Gottesvolk auf Erden unser himmlisches Ziel erreichen! Amen