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Predigt:

Zuerst das eine Notwendige suchen

16. Sonntag im Jahreskreis C (18.07.2010)

L1: Gen 18,1-10a; L2: Kol 1,24-28; Ev: Lk 10,38-42


Josef Spindelböck

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Ein jeder von uns kennt bestimmt so genannte aktive und „dynamische“ Menschen, die viel bewegen und vieles Gute bewirken. Es sind Personen mit großer Tatkraft und mit großem Engagement. Wie erfreulich ist es doch, dass es im Kleinen und im Großen solche ideal gesinnten Frauen und Männer gibt, die auf die jeweiligen Herausforderungen der Zeit und die Bedürfnisse ihrer Mitmenschen in rechter Weise durch die helfende Tat eine Antwort der Liebe geben!

Vielleicht sind wir deshalb nach dem Anhören des Evangeliums von der aktiven und hilfsbereiten Marta, die sich in liebevoller Sorge um Jesus kümmert, und von ihrer scheinbar untätig da sitzenden, „nur“ zuhörenden Schwester Maria etwas irritiert. Denn das Lob erhält jene Frau, bei der wir es nicht erwarten würden: Maria hat nach den Worten des Herrn „das Bessere gewählt“. Es „soll ihr nicht genommen werden.“ „Ist das gerecht? Ist das realistisch?“ fragen wir vielleicht. Kommen wir so wirklich weiter im Leben?

Aber bedenken wir die Dinge etwas näher! Wer hat nicht schon von einem Menschen gehört oder kennt einen solchen, der sich gleichsam „überengagiert“ oder auch überarbeitet hat, sodass irgendwann der Zeitpunkt kam, wo der vorher so Aktive sich zurücknehmen musste, weil er oder sie – modern gesprochen – ein „Burn-Out-Syndrom“ hatte? Einige Zeit hält es ja ein gesunder Mensch schon durch, wenn er sich über die Maßen verausgabt und sich diesen und jenen Aufgaben in fast übermenschlicher Weise zuwendet. Aber irgendwann lässt bei jedem die Kraft nach, und der zuvor allseits geliebte und gelobte Idealist erleidet vielleicht sogar einen gesundheitlichen Zusammenbruch. „Er hätte sich halt mehr schonen müssen“, heißt es nachträglich gut gemeint.

Auch in unserem christlichen Leben lauert die Gefahr, dass uns der Aktivismus des Guten gleichsam „auffrisst“ und wir nicht mehr die Zeit finden für das wirklich Notwendige. Darunter ist nicht nur die körperliche Ruhe, die Erholung und der Ausgleich durch andere Dinge zu verstehen, sondern vor allem die Zeit für Gott in der ausdrücklichen Hinwendung zu ihm, also im Gebet und im Hören und Betrachten des Wortes Gottes. Das sind unsere Kraftquellen, die entscheidend sind für das Leben. Wenn ein Christ zwar alles mögliche Gute tut, aber für die personale Gottesbeziehung keine Antenne mehr hat, endet er schnell in einem Leerlauf oder in der totalen Erschöpfung.

Jesus will die Arbeit der Marta keineswegs gering schätzen oder abwerten. Sie tut tatsächlich viel Gutes, und sie wird des himmlischen Lohnes nicht verlustig gehen. Ihm geht es jedoch darum, dass das eine Notwendige nicht übersehen wird: die Zuwendung zu Gott und seinem Wort. Denn davon lebt der Mensch zuerst und in seinem Herzen; das übrige kommt danach.

Wenn der Mensch mit Gott im Einklang ist, dann vermag er auch das Übrige gut zu ordnen. Dann wird er erkennen, was wirklich not tut und wie er für den Mitmenschen da sein kann. Wo hingegen der Gottesbezug fehlt, wird jeder Idealismus früher oder später versanden. Und wie leicht ist es auch möglich, dass sich unter dem Anschein des Guten in Wirklichkeit doch der eigene Geltungsdrang oder die Ehrsucht verbergen!

So brauchen wir alle die Zeit der Besinnung, der Erholung und des Auftankens. Auch die Zeit der Ferien und des Urlaubs ist dazu da. Sie soll eine Zeit sein, in der wir weder auf den Mitmenschen noch auf Gott vergessen.

Wenn wir zuerst das eine Notwendige suchen, dann wird uns alles Übrige gleichsam dazu gegeben werden! Möge uns die Fürbitte der jungfräulichen Gottesmutter Maria auf dem guten Weg begleiten, den wir zur Ehre Gottes und zum Wohl und Heil unserer Mitmenschen gehen wollen.

Amen.