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Predigt:

5. Sonntag der Osterzeit B (18.05.2003)

L1: Apg 9,26-31; L2: 1 Joh 3,18-24; Ev: Joh 15,1-8


Josef Spindelböck

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Hier in der Wachau ist vielen von Ihnen aus eigener Anschauung vertraut, wie Weinberge und Weingärten angelegt sein müssen, wie sie das Jahr über betreut werden und wie die einzelnen Weinstöcke im Hinblick auf einen möglichst guten Ertrag zu behandeln sind. Auch im Heiligen Land – in Palästina und dem heutigen Staat Israel – gehört der Weinbau zu den Gegebenheiten des täglichen Lebens. Der Wein erfreut das Herz des Menschen – dies stellt der Psalm 104,15 uns klar vor Augen. Es handelt sich um eine gute Gabe des Schöpfers, die in rechtem Maß zu genießen ist.

Unser Herr Jesus Christus hat gerade dieses Gabe der Natur dadurch geheiligt, daß er Brot und Wein zu Zeichen seiner Gegenwart unter uns in der heiligen Eucharistie gemacht hat. Durch die ihm von Gott verliehene Vollmacht darf der Priester in der Person Christi das eucharistische Opfer feiern, wodurch das Brot zum Leib Christi und der Wein zum Blut Christi wird. Der Leib des Herrn ist so wahrhaft eine Speise, und sein Blut ist wahrhaft ein Trank (vgl. Joh 6,55). Wir glauben an den unter den Gestalten von Brot und Wein im heiligsten Sakrament des Altares bei uns gegenwärtigen Herrn Jesus Christus und beten ihn an, da er unser wahres Leben ist!

Es darf uns auf diesem Hintergrund nicht überraschen, daß Jesus das Bild vom Weinstock und den Reben als bevorzugtes Gleichnis verwendet, um uns zu zeigen, in welcher Weise wir Menschen mit Gott verbunden sein sollen. So wie die einzelnen Rebzweige all ihre Kraft und Energie dadurch gewinnen und erhalten, daß sie mit dem Weinstock verbunden sind, so soll es auch bei uns sein: Nur in der lebendigen Verbindung mit Christus, dem wahren Gott und Menschen, haben wir das Leben. So kann Jesus sagen: „Getrennt von mir könnt ihr nichts vollbringen.“ Die Kraft zum wirklich Guten, das wir auf Dauer vollbringen, auch gegen alle Widerstände um uns und in uns – diese Kraft kann uns nur Gott schenken durch seinen Heiligen Geist, der in uns wohnt und uns das Leben der Gnade vermittelt.

Das Bild ist ausdrucksstark: Als Christen gehören wir zu Jesus Christus, dem Herrn; wie Rebzweige sind wir eingefügt in den Weinstock, der Christus ist. Würde man einen solchen Rebzweig vom Weinstock trennen, dann erstirbt sein Leben. Eben das geschieht, wenn sich ein Mensch von Gott trennt durch eine bewußt und freiwillig begangene schwere Sünde (Todsünde). Dann verliert er das göttliche Leben. Er wird dürr, wie ein abgestorbener Rebzweig, der zu nichts mehr taugt. Jesus sagt, daß er ins Feuer geworfen und verbrannt wird. Freilich hat jedes Bild auch seine Grenzen: Ein dürrer und abgestorbener Rebzweig kann nicht wieder eingepflanzt und belebt werden. Wir Menschen können hingegen durch die von Gott geschenkte Vergebung in der heiligen Beichte das Leben mit Gott wieder erlangen. Wir werden gleichsam neu auferweckt mit Christus, der für uns gestorben ist. Auf diese Weise werden wir wieder eingepflanzt in den Weinstock, der Christus ist.

Gott aber möchte uns auf jeden Fall davor bewahren, daß wir uns von ihm trennen. Darum ist es so wichtig für uns, im Gebet die Verbindung mit Gott zu pflegen und die heiligen Sakramente zu empfangen. Besonders ist es die würdige empfangene heilige Kommunion, die uns mit dem Weinstock Christus verbindet. Die Prüfungen und Unannehmlichkeiten, die das Leben für uns bereit hält, sollen uns nicht entmutigen, denn sie sind Zeichen der Liebe Gottes des Vaters. So wie der gute Winzer die einzelnen Reben reinigt und beschneidet, damit sie mehr Frucht bringen, so läßt auch Gott so manches zu, um uns in der Liebe und Treue zu erproben und unsere Hingabe an seinen heiligen Willen noch mehr zu stärken. Vertrauen wir uns der Liebe Gottes ganz an und bemühen wir uns täglich um noch mehr Treue in der Erfüllung der Gebote Gottes und im Leben aus der Grundhaltung von Glaube, Hoffnung und Liebe!

Eine jener ganz Großen, die uns das alle vorgelebt hat, weil sie treu in der Nachfolge Christi gestanden ist, war die heute in Rom heiliggesprochene Ursula Ledóchowska. Julia Maria – wie sie mit ihrem Taufnamen hieß – wurde in Loosdorf am 17.04.1865 geboren; gestorben ist sie am 29.05.1939 in Rom. Dazwischen liegt ein im geistigen Sinn reiches, erfülltes Leben. Die ersten neun Jahre ihres Lebens verbrachte sie mit Eltern und Geschwistern in Loosdorf. 1874 übersiedelte die Grafenfamilie nach St. Pölten, wo Julia Maria zusammen mit ihren Schwestern Maria Theresia und Fanny am Institut der Englischen Fräulein Schulunterricht erhielt. Schon in dieser Zeit reifte ihre geistliche Berufung.

Als die Familie nach Polen zurückgekehrt war, woher sie stammte, trat Julia Maria am 18. August 1886 bei den Ursulinen in Krakau ein und erhielt bei der Einkleidung als Ordensnamen Ursula. Am 28. April 1889 legte sie die ewigen Gelübde ab und wurde nun im Unterricht bei der weiblichen Jugend als Erzieherin und Lehrerin eingesetzt. Sie erfüllte ihre Aufgaben mit großem apostolischem Eifer. Für die Schülerinnen errichtete sie ein Pensionat und gründete unter den Studentinnen die Vereinigung der Marienkinder. Von 1904 bis 1907 war Schwester Ursula dann Priorin des Krakauer Ursulinenklosters. Als solche gründete sie in Petersburg (Leningrad) ein Internat für polnische Studentinnen, weil sie vom Pfarrer der St. Katharinen-Kirche, dem Monsignore Konstantin Budkiewicz, darum gebeten worden war. 1907 gründete Schwester Ursula ein Ursulinenkloster in Petersburg und ein gleiches in Sortavala in Finnland. Für arme Fischer und deren Familien gründete Schwester Ursula ein Ambulatorium, das kostenlos den Kranken half. Wegen ihrer apostolischen Tätigkeit wurde Schwester Ursula bei Beginn des Ersten Weltkrieges als österreichische Staatsbürgerin aus Rußland ausgewiesen. Sie erhielt Asyl im neutralen Schweden, hielt aber zu ihren in Rußland verbliebenen Mitschwestern guten Kontakt und ermunterte diese zum Durchhalten.

Nach Kriegsende kehrte die heilige Ursula Ledóchowska 1920 in das wieder frei und unabhängig gewordene Polen zurück. Ursula gründete nun zusammen mit ihren im Ausland tätig gewesenen Mitschwestern den selbständigen Zweig der „Ursulinen von dem Todesangst leidenden Herzen Jesu“ („Orsoline del Sacro Cuore di Gesú Agonizzante“, in Polen „die grauen Ursulinen“ genannt). Diese Ordenskongregation zählte, als die Gründerin am 29. Mai 1939 in Rom 74jährig starb, bereits mehr als 100 Mitglieder in 35 Klöstern. Heute sind es 95 Niederlassungen in Finnland, Frankreich, Italien, Polen, Brasilien, Kanada und Deutschland.

Diese große Heilige, die als erste Frau der Diözese St. Pölten heiliggesprochen wird, zeigt uns, wie man sich aus der Liebe Christi heraus für andere Menschen einsetzen kann, ohne Rücksicht auf standesgemäße Unterschiede. Denn vor Gott sind wir alle gleich viel wert. Was zählt ist nicht der Adel der Abstammung, ist nicht Einfluß und Macht oder Reichtum und Durchsetzungsvermögen, sondern die Qualität eines von Liebe erfüllten Herzens. So hat die heilige Ursula durch ihr Leben bewiesen, wie fruchtbar ein Leben in Einheit mit dem Weinstock Christi ist. Sie hat Großes vollbracht, doch nicht sie allein, sondern in Verbindung mit der Gnade Gottes!

Schauen wir auf das Vorbild dieser großen Frau; rufen wir die Heiligen als Fürsprecher bei Gott an, damit auch wir einst zur großen Schar der Geretteten gehören und aufgenommen werden ins himmlische Reich der Liebe und des Friedens. Dann werden wir Gott loben und preisen in Ewigkeit! Amen