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Predigt:

5. Fastensonntag B (06.04.2003)

L1: Jer 31,31-34; L2: Hebr 5,7-9; Ev: Joh 12,20-33


Josef Spindelböck

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Nur noch wenige Tage trennen uns vom Osterfest. Der 5. Fastensonntag, den wir heute begehen, soll uns vorbereiten auf die Feier des Leidens und Sterbens Christi und seiner Auferstehung. Auf diese Weise sollen wir im Lauf des Kirchenjahres unser eigenes Leben stets tiefer bedenken und so hinfinden zu den Geheimnissen unseres Heils!

Der Evangelist Johannes gibt uns eine sehr eindrucksvolle und erhabene Darstellung dessen, wie sich unser Herr Jesus Christus auf sein Leiden vorbereitet hat. Jesus wußte ja, was auf ihn zukam; zugleich aber war es für ihn als Mensch nicht leicht, all dies auf sich zu nehmen. Die Liebe drängte ihn, doch die menschliche Natur leistete auch bei ihm gewissen Widerstand gegen Kreuz und Leiden. Freilich war sein Wille immer in Einklang mit dem des himmlischen Vaters, der ihn in die Welt gesandt hatte.

So läßt Johannes Jesus fragen: „Was soll ich sagen: Vater, rette mich aus dieser Stunde?“ Eine solche Frage, ja ein solches Bittgebet wäre menschlich nur allzugut zu verstehen! Doch Jesus weiß, was seine Sendung ist, und so betet er, nachdem er festgestellt hat, daß er gerade um des kommenden Leidens willen in diese „Stunde“ gekommen ist: „Vater, verherrliche deinen Namen!“ Gott der Vater soll also durch das Leiden und Sterben seines Sohnes seine Liebe offenbaren. Gott möchte zeigen, wie sehr ihm an uns Menschen gelegen ist. Er hat seinen einzigen Sohn für uns hingegeben, um uns das Leben der Gnade, das göttliche Leben, neu zu schenken, das wir durch die Sünde verloren hatten.

Als Jesus dann am Ölberg betete und unmittelbar vor seiner Gefangennahme stand, da durchlebte er große Angst, was sich in seinem Schweiß zeigte, der mit Blutstropfen vermischt war. Aber auch da betete Jesus voll Ergebenheit in den Willen seines himmlischen Vaters: „Mein Vater, wenn es möglich ist, gehe dieser Kelch an mir vorüber. Aber nicht wie ich will, sondern wie du willst.“ (Mt 26,39) An seinem eigenen Schicksal hat uns der Herr gezeigt, wie wir beten sollen, wenn uns schwere Dinge bevorstehen oder wenn wir von Not, Krankheit und Unglück betroffen sind: „Mein Vater, wenn dieser Kelch an mir nicht vorübergehen kann, ohne daß ich ihn trinke, geschehe dein Wille.“ (Mt 26,42) Sein Leiden ist gleichsam der „Kelch“, den er trinken muß. Menschlich zittert sein Herz, doch die Liebe drängt ihn, sein Leben hinzugeben für seine Freunde. Der wahre Sohn Gottes, der zugleich der Sohn der Menschen ist, ist bereit den Kelch des Leidens zu trinken und ihn für uns mit Liebe ohne Ende zu füllen!

Liebe Gläubige! Die österlichen Geheimnisse, auf die wir zugehen, zeigen uns, daß Leiden und Tod nicht das Letzte ist. Eben darum ist ja der Sohn Gottes Mensch geworden, um diese bitteren Wirklichkeiten mit uns zu teilen und uns nicht allein zu lassen. Er hat vor allem die Wurzel all dessen überwunden, was uns als Übel begegnet: Es ist die bewußte und freiwillige Trennung des Menschen von Gott, der Verstoß gegen seine Liebe, nämlich die Sünde. Dazu ist ja der Sohn Gottes in die Welt gekommen, um die Werke des Teufels zu zerstören (vgl. 1 Joh 3,8). Wer ihn annimmt und an ihn glaubt, wer Gott und die Menschen zu lieben beginnt, der ist vom Tod zum Leben hinübergegangen (vgl. Röm 6,13).

Nehmen auch wir die Erlösung an, die Gottes Sohn uns bereitet hat! Ich lade Sie alle ganz herzlich ein, in diesen Tagen und Wochen das Bußsakrament zu empfangen – entweder hier in dieser Kirche zu den dafür vorgesehenen Zeiten oder woanders. Wir sollten die Zeit der Gnade nicht vorübergehen lassen, die Gott uns gerade zu Ostern wieder schenkt. Wenn wir dann reingewaschen sind vom Blut des Lammes, dann dürfen wir in Freude teilnehmen am Ostermahl und einst am Hochzeitsmahl des ewigen Lebens in Gottes Herrlichkeit!

Vielleicht fragt sich mancher, was man denn beichten solle: Gewiß, der treue Gläubige, der Sonntag für Sonntag die Messe besucht und sich bemüht, ein christliches Leben zu führen, der regelmäßig betet und das Gute tut, wo immer sich Gelegenheit dazu bietet, der wird keine „großen Fische“ vorfinden. Und doch: Gab es nicht auch in meinem Leben Zeiten, wo ich nachlässig war im Gebet und in der sonntäglichen Mitfeier der hl. Messe? Gab es nicht Vorkommnisse, wo ich andere Menschen tief verletzt habe und dies noch gar nicht bereinigt habe, wo vielleicht sogar Haß und Feindschaft noch im Herzen sitzen? War die Liebe zum Ehepartner und zu den Kindern frei von Selbstsucht, stets bereit zu dienen? Habe ich die Ehe heilig gehalten, getreu den Weisungen Gottes und der Kirche, oder gesündigt durch Verhütung oder gar Abtreibung? Gab es Unordnung in meinem Leben: in unmäßigem Essen und Trinken, in ungeregelter und unbeherrschter Weise des Umgangs mit meinen Trieben? Habe ich die Wahrheit verletzt und anderen dadurch geschadet? Habe ich unrechtes Gut an mich genommen oder Dinge beschädigt oder vernachlässigt, die mir anvertraut waren? – Das sind nur einige der Fragen, die sich jeder stellen kann, je nachdem in welchen Umständen sich sein Leben vollzieht.

Die Antwort Gottes auf unser demütiges Bekenntnis und auf die ehrliche Bereitschaft zur Umkehr wird nur Erbarmen sein. Gott trägt nichts nach, er ist groß im Verzeihen. Wenn sogar der Verbrecher am Kreuz Gottes Erbarmen erfahren durfte, dann sind wir umso weniger davon ausgeschlossen, wenn wir mit reuevollem und liebendem Herzen zu Gott hintreten. Sagen wir nur nicht: „Ich habe keine Sünde; ich brauche die Vergebung Gottes nicht.“

Lassen wir uns das Geschenk der Versöhnung mit Gott, der Kirche und untereinander im Bußsakrament zukommen. Dann werden wir in Freude dem Osterfest entgegengehen! Amen