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Predigt:

4. Sonntag der Osterzeit B (11.05.2003)

L1: Apg 4,8-12; L2: 1 Joh 3,1-2; Ev: Joh 10,11-18


Josef Spindelböck

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Am heutigen 4. Sonntag der Osterzeit wird der „Weltgebetstag für die geistlichen Berufe“ begangen. Zugleich ist heute Muttertag. Wir haben eben das Evangelium vom „Guten Hirten“ gehört, der sich liebevoll um die Schafe aus seiner Herde kümmert. In alten Darstellungen der christlichen Kunst wird Christus als der gute Hirte gezeichnet, der sich um seine Gläubigen sorgt und sie auf die Weide des ewigen Lebens führt.

Auch wenn der moderne Mensch wenig Zugang hat zur Tätigkeit und Aufgabe eines Hirten, so kann doch dieses Bild aus dem Leben auch für uns aufgeschlossen werden. Ein Hirte ist nicht wie ein Tagelöhner, dem an den Schafen nichts liegt. Der Tagelöhner tut zwar so recht und schlecht seine Pflicht, damit er den vereinbarten Lohn erhält. Er ist jedoch nicht bereit, sich voll und ganz für die Herde einzusetzen, die ihm anvertraut ist. Wenn er den Wolf kommen sieht, so flieht er. Sein eigenes Leben ist ihm zu wichtig, als daß er es in Gefahr bringen will. Er gibt die Schafe preis und läßt sie vom Wolf zerreißen.

Der gute Hirt hingegen ist mit den Schafen viel enger verbunden als der Lohnarbeiter. Er teilt das Leben mit den Schafen, begleitet sie überall hin und wendet ihnen seine Liebe zu. Die Tiere danken es ihm durch ihre Zutraulichkeit. Sie blöken ihm freudig entgegen, wenn er kommt. Der Hirte ist ihnen vertraut. Wenn hingegen ein Fremder sich der Herde nähert, so sind sie aufgeschreckt und fliehen. Sie fürchten sich vor dem Fremden; nur der Hirt genießt ihr Vertrauen.

Für den guten Hirten sind die Schafe nicht einfach Gegenstände, die man der Reihe nach abzählen kann. Die Schafe sind Lebewesen, die er mit einem Namen für jedes einzelne benennt. So kennt er die Schafe und kann sie unterscheiden. Sie sind ihm nicht gleich-gültig, sondern jedes einzelne interessiert ihn. Der gute Hirte weiß um die Freßgewohnheiten der einzelnen Schafe. Er achtet sorgsam darauf, was jedes einzelne braucht. Er nimmt Rücksicht auf die kranken und alten Schafe, die keine weiten Wege gehen können. Am liebsten sind ihm die kleinen Schafe, denen er überallhin nachgeht, wo immer sie sich auch verirrt haben. Er holt sie heraus aus dem Gestrüpp, steigt hinauf auf den Felsen und trägt sie auf seinen Schultern, voll Freude, wenn er das Schaf gefunden und aus der Gefahr gerettet hat. Für so ein Schaf würde der gute Hirte – manche mögen ihn darum auch als einfältig bezeichnen – sogar sein Leben einsetzen!

Im Orient war den Menschen zur Zeit Jesu ein Hirte wohl vertraut. So begriffen sie unmittelbar durch das Bild des Gleichnisses, was er meinte. Er selber ist ja der gute Hirte, der uns allen nachgeht wie Schafen, die sich verirrt haben. Es ist nicht entwürdigend für uns, daß Jesus dieses Gleichnis verwendet. Der Vergleichspunkt ist der Hirt, nicht so sehr die Schafe. Ein so guter Hirt ist Jesus, daß er sogar sein Leben eingesetzt hat, um die Schafe zu retten. Am Kreuz hat er für uns sein Leben hingegeben, um uns das ewige Leben zu schenken.

So begleitet Gott einen jeden von uns durch das Leben und sorgt für uns, was immer wir brauchen. Wir dürfen ihm vertrauen, auch in schwierigen Lebenslagen. Er denkt an uns, und er liebt uns!

Mit dem Gleichnis des guten Hirten möchte uns Jesus aber auch sagen, daß wir füreinander gleichsam gute Hirten sein sollen. Nicht nur der Bischof, Priester und Diakon als Seelsorger soll ein „guter Hirt“ („pastor bonus“) sein für die ihm anvertrauten Gläubigen, sondern wir alle sind füreinander verantwortlich und sollen darauf bedacht sein, dem Nächsten Gutes zu tun. In Liebe und Wohlwollen geht es darum, daß wir uns einsetzen für unsere Brüder und Schwestern.

Wer würde am heutigen Tag da nicht an unsere Mütter denken? Wie viele Frauen und Mütter stellen ihr eigenes Leben zurück und setzen sich ein für ihre Kinder und ihre Familie! Sie zählen nicht die Stunden, wenn das kleine Kind in der Nacht wach wird und etwas zu essen braucht. Eine gute Mutter ist nicht verärgert, wohl aber oft sehr müde und erschöpft, wenn ein krankes Kind sie oft intensiv und lange beansprucht. Heute ist die Gelegenheit, unseren Müttern ein ganz besonderes Dankeschön zu sagen. Möge Gott Ihnen den Dienst vergelten, den Sie an Ihren Lieben oft so unscheinbar und doch so wirksam verrichten.

Ohne Mütter würde unseren Familien das Herz fehlen. Die „Seele“ einer Familie, die Liebe und Geborgenheit, die gerade Kinder brauchen und die auch dem Mann guttut – das alles sind nur Frauen und Mütter fähig zu geben. Was aber geschieht an Gutem durch Mütter, die ihre Kinder das Glauben und Beten lehren! Sie sind unersetzbar und sind die ersten Religionslehrer der Kinder. Was hier grundgelegt wird, kann später nicht mehr herausgerissen werden. Irgendwann werden sich die Kinder, wenn sie größer sind, erinnern an das Geschenk der Mutterliebe und so bewahrt werden vor vielen Ab- und Irrwegen!

Weil es so Großes ist um eine menschliche Mutter, darum hat sich auch der Sohn Gottes nicht gescheut, von einer solchen geboren zu werden. Er hat sich als Kind der liebevollen Fürsorge seiner Mutter Maria anvertraut. Als er am Kreuze starb, hat er sie uns als geistliche Mutter aller Menschen geschenkt. Ihr dürfen wir uns besonders anempfehlen!

Wir wollen heute beten: um gute Mütter, um gute Väter. Wir wollen beten in ganz besonderer Weise für geistliche Berufe! Möge Gott der Herr auch geistliche Mütter und geistliche Väter erwählen, die dem Volk Gottes im Glauben vorangehen und es nach dem Vorbild des guten Hirten geleiten. Es ist eine Gnade, wenn Gott Dich ruft, ihm in einem geistlichen Beruf zu dienen: als Schwester, als Bruder oder als Priester! Es ist auch eine Gnade, wenn Gott Dich zur Vater- oder Mutterschaft beruft und Dir eine Familie anvertraut. Danken wir Gott dem Herrn für jede Berufung und beten wir für alle, die sich abmühen in der Liebe des guten Hirten! Amen