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Predigt:

3. Sonntag im Jahreskreis B (26.01.2003)

L1: Jona 3,1-5.10; L2: 1 Kor 7,29-31; Ev: Mk 1,14-20


Josef Spindelböck

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Wenn wir hören, daß die Gestalt dieser Welt vergeht und die Zeit kurz ist (vgl. 1 Kor 7,29.31), in der wir leben, dann möchten wir am liebsten sagen: „Nein! Nicht so schnell. Lieber Gott, laß uns doch noch etwas Zeit. Das Leben vergeht so schnell; wir haben noch gar nicht richtig gelebt, und du läßt uns schon ans Ende denken ...“ Es gibt natürlich auch Gegenbeispiele: Menschen, die unheilbar krank sind oder schon im Sterben liegen und die auf die Erlösung von ihren Leiden warten! Aber der Normalfall ist es nicht, daß wir wünschen, daß dieses irdische Leben möglichst schnell vergeht.

Was mutet uns die Kirche da also zu, wenn sie heute den Apostel Paulus in der Lesung verkünden läßt, wir sollten uns zwar die Welt zunutze machen, doch so als würden wir sie nicht nutzen! Das alles klingt doch sehr nach Weltverachtung und Weltverneinung. Mit einem gewissen Recht werden wir sagen: „Das kann es doch nicht sein. Das läßt sich doch nicht leben! Ich möchte in der Welt stehen, mich an ihr erfreuen und mich im Leben bewähren.“

Es kommt noch „bunter“, es ist gleichsam noch „stärkerer Tobak“, den uns der Apostel Paulus, dessen Bekehrung die Kirche am 25. Jänner feiert, vorsetzt. Er schreibt wörtlich: „Darum soll, wer eine Frau hat, sich in Zukunft so verhalten, als habe er keine, wer weint, als weine er nicht, wer sich freut, als freue er sich nicht, wer kauft, als würde er nicht Eigentümer.“ Ja, was soll das? Wie kann uns Gott, wie kann uns die Kirche das zumuten?!

Bevor wir uns fragen, ob es nicht vielleicht doch einen auch uns einleuchtenden und zugänglichen Sinn solcher paradox erscheinender Aussagen gibt, wollen wir eine Verhaltensweise beleuchten, die irgendwie charakteristisch ist für unsere Zeit, auch wenn sie natürlich vom Extrem geprägt ist:

Es gibt Menschen, die verdrängen jeden Gedanken an die Endlichkeit ihres Daseins und lassen die Frage nicht zu, was nach dem Tod sein wird. Sie möchten um jeden Preis das irdische Leben ins Unendliche hinein verlängern. Das jüngste Beispiel für eine solche Haltung ist die angebliche Klonierung von Menschen, wie sie dem von der Sekte der Raelianer gesponserten Unternehmen Clonaid gelungen sein will. Der Sektenchef hat offen zugegeben, sein Ziel wäre es, mittels des Klonens die Menschheit zum ewigen Leben zu führen. Die näheren Ausführungen dieser abstrusen Phantasien und Vorstellungen ersparen wir uns. Das Beispiel zeigt aber, daß für viele die Vergänglichkeit des Lebens ein echtes Problem darstellt, das sie nicht akzeptieren können oder wollen.

Nun aber zu der Frage, was uns denn Paulus eigentlich sagen will: Er möchte uns nicht die Hoffnung und die Freude nehmen, sondern im Gegenteil! Er sucht die Adressaten seines Briefes in Korinth und in der Folge auch uns hinzuführen zu einer Hoffnung und Freude, die nicht vergeht. Er möchte uns helfen, zur wahren Gelassenheit zu finden. Diese Gelassenheit kann sich der leisten, der sein Herz dort verankert hat, wo die wahren Freuden sind, wo die Kleider nicht vermotten, das Geld seinen Wert nicht verliert und einen die Freunde nicht verlassen. Auf diese Weise wird der Glaube ans Himmelreich nicht zur Fluchtburg aus dieser Welt, sondern zu einer lebendigen Mitte unseres Daseins, von wo aus wir den Wirklichkeiten dieser Zeit mit Ruhe und in Gelassenheit begegnen können.

Hand aufs Herz: Wenn wir merken, daß wir älter werden, daß uns die Zeit davonfliegt, daß wir vielleicht sogar von mancherlei Leiden und Beschwerden geplagt sind, die uns an den Tod denken lassen – sollen wir da einfach so tun, als ob uns das Ganze gar nichts anginge? Sollen wir die negativen Seiten unseres Lebens kurzerhand ignorieren und in eine Traumwelt flüchten, wie sie uns von den verschiedenen Angeboten der Medien- und Freizeitwelt täglich vorgespiegelt wird? Wir spüren: Eine solche Flucht könnte nicht von Dauer sein. Es ist besser und heilsamer, sich der ganzen Wirklichkeit des Daseins zu stellen und diese Spannung und Anfrage auszuhalten.

Als Christen haben wir nicht einfach fertige Antworten für jede Situation, wohl aber ein Fundament, auf dem unser Glaube und unsere Hoffnung aufruhen: Es ist der Herr, der unter uns erschienen ist. Als Mensch hat Jesus Christus unter uns gelebt und uns die frohe Kunde gebracht vom nahen Reich Gottes. „Glaubt!“, sagte er, „und bekehrt euch!“ Dieser Ruf gilt auch uns. Wenn wir uns darauf einlassen, daß uns das Reich Gottes nicht fern ist, dann gewinnt unser vergängliches Leben einen Wert und einen Halt, der nicht kapituliert vor der Hinfälligkeit des Daseins.

Wir können es nicht ändern, daß unser irdisches Leben vergänglich ist. Es hat aber ein Ziel und einen Sinn, was immer auch geschehen mag. Wir sind in Gottes liebender Hand geborgen. Er verläßt uns nicht. Bemühen wir uns jeden Tag aufs neue, seinem Wort zu vertrauen und seiner Botschaft zu glauben. In den Sakramenten stärkt uns Gott mit seiner Gnade.

Blicken wir auch hier vertrauensvoll zur Mutter Gottes! Sie kann uns in jeder Lebenslage jenen Trost geben, den wir brauchen, um in den täglichen Anforderungen zu bestehen. Dann wird unsere Zeit zur erfüllten Heilszeit (vgl. Mk 1,15), in der wir Gott und den Menschen in Liebe begegnen. Wir brauchen keine Angst zu haben, denn alles wirklich Wertvolle hat Bestand für die Ewigkeit! Amen