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Predigt:

Die selbstlose Frömmigkeit der Witwe

32. Sonntag im Jahreskreis B (08.11.2015)

L1: Ez 47,1-2.8-9.12; L2: 1 Kor 3,9c-11.16-17; Ev: Joh 2,13-22


Josef Spindelböck

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Wir Menschen sind begrenzt und irrtumsanfällig in unserem Urteil. Wie leicht geschieht es doch, dass uns jemand beeindruckt: Sie oder er sieht gut aus, gibt sich weltgewandt und kompetent, kann gut reden. Was aber steht dahinter? Wie ist dieser Mensch wirklich?

Jesus zeigt uns im Evangelium dieses Sonntags, dass bei Gott andere Maßstäbe gelten. Gott sieht nicht zuerst auf das Äußere, sondern auf das Herz eines Menschen. Dann kann das, was uns groß erscheint, in Wirklichkeit klein sein und umgekehrt. Wie meinten doch die Pharisäer sich über die arme Witwe ereifern zu können, die nur wenig Geld in den Opferkasten warf! Da waren doch im Vergleich dazu viele Reiche, die gewiss große Summen spendeten.

Jesus rückt die Perspektive zurecht: Im Verhältnis zu ihrem geringen Besitz hat diese Witwe nämlich mehr gegeben als die anderen. Sie tat dies aus wahrer Liebe zu Gott und in echter Hingabe ihres Herzens. Gott, der das Herz sieht, wird es ihr lohnen!

In der Lesung aus dem ersten Buch der Könige ist ebenfalls die Rede von einer Witwe, welche trotz ihres voraussichtlich nahen Hungertodes noch bereit ist, das Wenige, das sie hat, mit dem Propheten Elija zu teilen. Als Lohn dafür schenkt ihr Gott durch den Propheten eine Verheißung: Der Mehltopf wird nicht leer werden und der Ölkrug nicht versiegen, bis zu dem Tag, an dem Gott wieder Regen auf die Erde sendet. Das Gottvertrauen der Witwe hat sich auch dort bewährt, wo nach menschlichem Ermessen keine Wende zum Besseren zu erwarten war. Sie hat nicht auf ihren eigenen Vorteil geschaut, sondern mitten in der größten Not noch ein Herz gehabt für den Propheten, der als Gast in ihr Haus gekommen war. Gott hat es ihr reichlich vergolten!

Die beispielhafte Frömmigkeit der beiden Witwen – einmal in der Lesung, dann im Evangelium – zeigt uns auf, dass wir in allem auf Gott verwiesen sind. Wir können uns das Heil nicht kaufen, und menschliche Selbstdarstellung und Selbstbehauptung sind ein großes Hindernis für die Begegnung mit dem lebendigen Gott. Die Pharisäer werden von Jesus eben deshalb kritisiert, weil sie ihre eigene Gerechtigkeit suchen und nicht die Gerechtigkeit vor Gott. Selbstgerechte und Scheinheilige können nicht in das Reich Gottes eingehen; nur die Demütigen und Armen sind bereit für das Geschenk der Erlösung.

Die Erlösung, deren wir alle bedürfen, wird bewirkt durch den einzigen Mittler zwischen Gott und den Menschen: durch Jesus Christus, den ewigen Hohenpriester. Er wurde, wie es in der Lesung aus dem Hebräerbrief heißt, „ein einziges Mal geopfert, um die Sünden vieler hinweg zu nehmen.“ (Hebr 9,28) Dieses Opfer hat er vollbracht, als er am Altar des Kreuzes starb. Stellvertretend hat der menschgewordene Sohn Gottes unsere Schuld gesühnt, sodass wir in ihm das göttliche Leben empfangen. Bei jeder heiligen Messe wird auf sakramentale Weise das Leiden und Sterben unseres Herrn vergegenwärtigt und ebenso das Geheimnis seiner Auferstehung als leuchtendes Zeichen seines Sieges über den Tod.

Vertrauen auch wir uns Gott immer wieder neu an! Die eigene Vortrefflichkeit ist oft recht bescheiden; was wirklich zählt, ist unsere Hingabe an Gott. Die Jungfrau und Gottesmutter Maria erbitte uns dazu ein reines und von Liebe erfülltes Herz! Amen.