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Predigt:

Sehen mit den Augen des Glaubens

2. Sonntag der Osterzeit B (12.04.2015)

L1: Apg 4,32-35; L2: 1 Joh 5,1-6; Ev: Joh 20,19-31


Josef Spindelböck

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Der Apostel Thomas kam erst später zum Osterglauben. Denn er war zuerst nicht dabei gewesen, als Jesus den übrigen Aposteln erschien. Diese berichteten ihm zwar voll Begeisterung und Überzeugung von dieser Begegnung. Doch Thomas blieb skeptisch. Im heutigen Evangelium ist sein fragender Zweifel überliefert: „Wenn ich nicht die Male der Nägel an seinen Händen sehe und wenn ich meinen Finger nicht in die Male der Nägel und meine Hand nicht in seine Seite lege, glaube ich nicht.“ (Joh 20,25)

Wie aber reagiert Jesus? Geht er auf den Wunsch des Thomas ein? Erscheint er ihm tatsächlich noch eigens? Er tut es, denn immerhin soll Thomas als Mitglied des Zwölferkollegiums Zeugnis ablegen für den gekreuzigten und auferstandenen Herrn. Als Thomas dann auf die gewünschte Weise dem auferstandenen Herrn Jesus Christus begegnen darf, da ist er im Innersten erschüttert, und er ruft aus: „Mein Herr und mein Gott!“ (Joh 20,28)

Der „ungläubige Thomas“, wie er genannt wird, ist also vom fragenden Zweifel zu einer unerschütterlichen Glaubensgewissheit gekommen. Für uns alle aber, die wir die Worte des Johannesevangeliums lesen oder hören, gelten die Worte Jesu: „Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.“ (Joh 20,29) Der heilige Papst Gregor der Große hat es so formuliert: Der Unglaube und der Zweifel des Apostels haben uns mehr genützt als der Glaube der übrigen Apostel. Denn Thomas war nicht grundsätzlich ablehnend eingestellt; er verlangte nur nach Vergewisserung. Diese wurde ihm durch die Begegnung mit dem auferstandenen Herrn gewährt, und davon berichtet uns das Evangelium. Jesus gab sich dem Thomas durch deutliche Beweise zu erkennen als der Auferstandene, der zugleich jener ist, welcher am Kreuz gestorben ist. In seinem Glauben erfasste Thomas aber dann nicht nur die Menschheit Christi, sondern auch seine Gottheit.

Dieser 2. Sonntag der Osterzeit gilt auch als Sonntag der göttlichen Barmherzigkeit. Gott wendet sich in Liebe den Menschen zu, und er schenkt uns in der Taufe und den übrigen Sakramenten die Vergebung unserer Schuld. Der Preis dafür ist das kostbare Blut Christi, das für uns vergossen worden ist, als Jesus am Kreuze starb. So gesehen gibt es keine „billige“ Barmherzigkeit, die sich dem anderen gegen dessen Willen aufdrängt oder das Unrecht der Sünde übersieht. Jesus Christus ermöglicht uns die Bekehrung und die Vergebung unserer Sünden; er bietet uns im Sakrament der Barmherzigkeit – in der heiligen Beichte – die Chance des Neubeginns, die wir immer wieder nutzen sollten.

Dazu lädt uns auch der Heilige Vater Papst Franziskus ein, der mit der Bulle „Misericordiae vultus“ ein Heiliges Jahr der Barmherzigkeit ausruft, das vom 8. Dezember 2015 bis zum 20. November 2016 dauern wird. Seien auch wir barmherzige Menschen; die offen sind für die Not der anderen und echte Anteilnahme zeigen. Dann werden wir das Erbarmen des Herrn in seiner Fülle empfangen! Maria, die Mutter der göttlichen Barmherzigkeit, zeige uns allen den guten Weg des Heils und eröffne uns die Quellen der Gnade in Jesus Christus, ihrem Sohn!

Amen.