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Predigt:

14. Sonntag im Jahreskreis B (06.07.2003)

L1: Ez 1,28-2,5; L2: 2 Kor 12,7-10; Ev: Mk 6,1b-6


Josef Spindelböck

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

„Und er konnte dort kein Wunder tun; nur einigen Kranken legte er die Hände auf und heilte sie.“ Diese überraschende Aussage über den Aufenthalt Jesu in seiner Heimatstadt Nazareth, wie wir sie eben im Evangelium nach Markus gehört haben, macht uns nachdenklich und betroffen. Was ist der Hintergrund einer derartigen Situation, in der sogar Jesus offenbar die Hände gebunden waren und er nur wenig für die Menschen bewirken konnte? Andernorts fragte man nach ihm und suchte ihn, hier in Nazareth wollte ihn offenbar kaum jemand hören.

Jesus ist nicht einfach ein „Wundertäter auf Befehl“. Vor allem aber kann und will er dort keine Wunder wirken, wo der Glaube fehlt. Nicht die Wunder und Zeichen sind es, die den Menschen retten, sondern allein der Glaube an Gottes barmherzige Liebe vermag uns Heil zu schenken!

Wir alle stehen immer wieder in der Versuchung, nur den spektakulären Dingen des Lebens unsere Aufmerksamkeit zuzuwenden. Wo irgendetwas groß inszeniert wird und durch die Medien geht, dort ereignet sich das Leben – so ist jedenfalls der allgemeine Eindruck. Shows und Events sind „in“ und werden mitunter zum Gradmesser auch kirchlicher Veranstaltungen. Dabei vergessen wir, dass im Stillen und Verborgenen viele wichtige Dinge geschehen. Das viele Gute, das beispielsweise Eltern ihren Kindern täglich erweisen, alle Liebe, Treue und gemeinsame Fürsorge in Ehe und Familie ist nicht berichtens- und beachtenswert für die öffentliche Meinung und Wahrnehmung. Und doch geschieht gerade hier der Aufbau und die Grundlegung unserer Gesellschaft! Davon zehrt auch die Kirche.

Das Gebet so vieler Menschen, der sonntägliche und auch werktägliche Gottesdienstbesuch so vieler, der tätige und selbstlose Einsatz für die Armen, Kranken und Ausgestoßenen – all das findet wenig Beachtung. Veranstaltet ein prominenter Sänger einmal ein Konzert mit wohltätigem Zweck, was gewiss auch achtenswert ist, so findet das ein viel größeres Echo in den Medien als der stille und oft unbedankte Dienst so vieler, die einfach das tun, was ihnen täglich als Pflicht und Aufgabe aufgetragen ist. Ihnen allen sei an dieser Stelle einmal ausdrücklich gedankt!

Gott aber sieht auch ins Verborgene. Wirklich groß ist das, was bei ihm Beachtung findet. Auf diese Weise können kleine Dinge, wenn sie mit viel Glaube und Liebe getan werden, oft wertvoller sein als das Große, das man vielleicht nur deshalb tut, um von den Menschen Anerkennung zu erhalten oder die eigene Eitelkeit zu befriedigen.

In seiner Heimatstadt Nazareth war Jesus als „Sohn des Zimmermanns“ bekannt. Man kannte seine Mutter Maria und seine Verwandten, die gemäß dem damaligen Sprachgebrauch als seine „Brüder und Schwestern“ bezeichnet werden. So dachte man sich: Dieser ist nur ein gewöhnlicher Mensch; was will der uns schon sagen? Und doch irrten sich die Menschen, die Jesus bereits kannten. Sie kannten ihn zu gut – und doch erkannten sie ihn nicht! Sie erkannten und begriffen nicht, dass er der menschgewordene Sohn Gottes ist, der Erlöser und Retter, an den sie glauben sollten.

Manchmal ist das allzu Offenkundige ein Hindernis für unseren Glauben, der tiefer sehen soll. Mit den Augen des Herzens sollen wir fähig sein, die Größe Gottes anzuerkennen. Nur wer glaubt, darf auch damit rechnen, Wunder zu erleben. Und diese Wunder geschehen täglich, im Kleinen und im Großen. Es brauchen keine Wunderheilungen zu sein, und doch ist es wahr, dass überall dort, wo sich Menschen Gott zuwenden, auch ihr Herz geheilt wird von allen Verwundungen des Lebens, von all dem, was irgendwie doch eine Folge von Schuld und Sünde ist oder auch von tragischen Umständen und Verstrickungen.

Die größte Glaubende war die heilige Gottesmutter Maria. Sie ließ sich durch das Menschliche und Natürliche des Lebens Jesu nicht ablenken vom Glauben an seine Gottheit. Sie diente ihm in allen Phasen seines irdischen Lebens als dem Sohne Gottes und war stets bereit, auf Gottes Wort zu hören. Sie glaubte auch dort, wo keine Wunder geschahen. Ihre Treue war stark bis unter das Kreuz. So durfte sie die Freude der Auferstehung erfahren.

Großes ist auch uns verheißen, wenn wir glauben und vertrauen. Tun wir das Gute, auch wenn unser Beitrag gering erscheint, mit viel Liebe. Dann ist es vor Gott wertvoll. Es gereicht ihm zur Ehre und wird uns und den Mitmenschen zum Heil. Amen