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Predigt:

Christi Himmelfahrt A (05.05.2005)

L1: Apg 1,1-11; L2: Eph 1,17-23; Ev: Mt 28,16-20


Josef Spindelböck

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Die erste Frage des früher im Schulunterricht und in der pfarrlichen Glaubensunterweisung verwendeten Katechismus lautete: „Wozu sind wir auf Erden?“ Und die Antwort wurde meist in dieser oder einer ähnlichen Form gegeben: „Wir sind auf Erden, um Gott zu ehren, ihn zu lieben und ihm zu dienen und auf diese Weise die ewige Seligkeit bei Gott im Himmel zu erlangen.“

Es ist, modern formuliert, die Frage nach dem Sinn des Lebens, die hier gestellt wird. Auf diese Frage eine Antwort zu finden, die wirklich trägt, ist das Wichtigste im Leben. Wer die Sinnfrage verdrängt oder nicht zulässt, befindet sich auf der Flucht vor sich selber. Das Leben ist dann wirklich „sinn-los“ und darum auch unbefriedigend, unerfüllt und unglücklich. Das innere Vakuum wird dann ausgefüllt mit Ersatzangeboten, die keineswegs „sinn-stifend“ sind, wohl aber für eine gewisse Zeit die Sinnfrage unterdrücken können: Alkohol und Drogen, Macht, Sex und Gewalt, hemmungslose Gier nach Reichtum und Ansehen und ähnliche Dinge.

Blicken wir nochmals auf die Antwort nach dem Sinn unseres Lebens auf Erden: „Wir sind auf Erden, um Gott zu ehren, ihn zu lieben und ihm zu dienen und auf diese Weise die ewige Seligkeit bei Gott im Himmel zu erlangen.“ Diese Antwort zeigt uns, dass zwar die Sinnfrage „auf Erden“ gestellt wird, die Antwort darauf aber eben „nicht von dieser Welt“ ist. Sie ist dort zu finden, wo es um das „Himmelreich“ geht, also um das ewige und selige Leben bei Gott. Alles Irdische und Materielle genügt sich nicht selbst. Ohne Beziehung auf das Geistige und letztlich auf Gott bleibt es leer und sinnlos. Wir müssen Gott wieder entdecken, um das Leben hier auf Erden lebenswert zu machen. Wir müssen den Himmel wieder ernst nehmen, damit die Erde wieder bewohnbar wird und wir uns auf ihr freuen können.

Als Christus, der Sohn Gottes, 40 Tage nach seiner Auferstehung vor den Augen seiner Jünger in die Herrlichkeit des Himmels auffuhr, da wollte er ihnen und uns zeigen: „Ich gehe hinauf zu meinem Vater und zu eurem Vater, zu meinem Gott und zu eurem Gott“ (Mt 20,17). Das Ziel des irdischen Lebens ist in der Herrlichkeit des Himmels zu finden; wir sind nur „Gast auf Erden“. Als Sterbliche sollen wir unsere Hoffnung dorthin richten, wo sie nicht enttäuscht wird, sondern ihre Erfüllung findet: zu Gott, der uns liebt und als seine Kinder annimmt, der uns zu Erben des Himmels eingesetzt hat und uns in die ewige und selige Gemeinschaft mit ihm beruft.

Der Einwand, es gäbe doch auf der Erde soviel zu tun, und es sei wichtiger, den irdischen Fortschritt zu befördern, als die Menschen mit dem Hinweis auf das Himmelreich zu vertrösten, zählt nicht. Er offenbart letztlich nur den Unglauben derer, die so denken. Das ewige Heil der Menschen und jener menschliche Fortschritt, der wirklich diesen Namen verdient, stehen nämlich nicht im Gegensatz zueinander. Wer Gott dient und ihn liebt, der wird auch den Nächsten lieben. Das wahre Wohl des Mitmenschen wie auch das, was für uns selber das Beste ist, kommt dann in Blick. Wir werden nicht zu Opfern unseres Egoismus, sondern fähig, uns füreinander einzusetzen und uns hinzugeben im Dienst am Nächsten. Auf diese Weise dienen wir dem wahren Fortschritt und tragen wir bei zur Verbesserung dieser Welt.

Nur mit Gott kann alles Große gelingen. Wollten wir allein auf unsere eigenen Kräfte bauen, wir müssten bald erkennen, dass wir am Ende sind. Was dann bleibt, ist Resignation, Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung. Wer hingegen auf Gott vertraut und ihn liebt, dessen Bemühen wird gesegnet. Mag auch manches hier auf Erden scheinbar erfolglos sein und ohne Frucht bleiben: Für das ewige Leben ist das Gute nicht umsonst getan, sondern es bringt überreiche Frucht im Reich Gottes.

Der Blick zum Himmel ist darum – recht verstanden – kein Fluchtmanöver. Es ist nicht Träumerei, wenn wir unsere Herzen im Himmel verankern, sondern es zeigt den Sinn für die tiefste aller Wirklichkeiten: die Gemeinschaft mit Gott.

Mit Maria, der Gottesmutter, lasst uns in den kommenden Tagen beten um das Geschenk des Heiligen Geistes. Er ist die Gabe von oben, die uns als Erben des Himmels mutig und tatenfroh auf dieser Erde leben lässt, bis wir eintreten dürfen in jene Wohnung, die der Herr selber uns im Hause seines himmlischen Vaters bereitet hat. Amen