www. St Josef.at
Die katholische Informationsseite der Gemeinschaft v. hl. Josef
Navigation
Word-Dokument

Predigt:

Wer ist blind, und wer ist sehend?

4. Fastensonntag A (30.03.2014)

L1: 1 Sam 16,1b.6-7.10-13b; L2: Eph 5,8-14; Ev: Joh 9,1-41


Josef Spindelböck

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Die Sehfähigkeit unserer Augen ist eine Gabe Gottes, die wir nicht hoch genug einschätzen können. Auch wenn es viele gibt, die etwas schlechter sehen und aus diesem Grund Brillen oder Linsen oder gar eine Operation benötigen, so ist das immer noch etwas anderes als ganz zu erblinden oder gar – wie wir es im Evangelium hören – blind geboren zu sein.

Jesus heilt einen Blindgeborenen, und dies wird zum Anlass einer heftigen Kontroverse mit den Pharisäern. Denn diese wollen nicht wahrhaben, dass Jesus in der Kraft Gottes Zeichen und Wunder vollbringt. So trifft auf sie zu, was Jesus sagt: Sie sehen zwar mit ihren leiblichen Augen, sind aber in Wirklichkeit blind, weil sie die Machterweise Gottes durch seinen Gesalbten nicht anerkennen wollen.

Geht es nicht auch uns manchmal so, dass wir Dinge im Leben übersehen, die eigentlich wichtig sind? Jemand weist uns auf dieses oder jenes hin, und wir müssen eingestehen: Ich war nicht aufmerksam genug, oder mein Horizont war zu eng, oder ich war zu fixiert auf mich selber, auf meine eigenen Pläne und Vorstellungen, sodass ich gar nicht mit dem gerechnet und es übersehen habe. Was aber oder wen übersehen wir vielleicht? Möglicherweise ist es ein Mensch, der auf uns angewiesen ist. Es kann auch jemand sein, der uns infrage stellt, der uns herausfordert, vielleicht sogar provoziert.

Die Pharisäer wollten Jesus nicht anerkennen; darum weigerten sie sich, ihn als den zu sehen, der er in Wirklichkeit war: der von himmlischen Vater in die Welt gesandte Sohn Gottes. Kann es sein, dass auch wir blind sind für die Wirklichkeit Gottes?

Beruhigen wir uns nicht vorschnell damit, dass wir sagen: „Nein, das kann nicht sein! Wir beten ja und gehen in die Kirche; wir glauben an Gott.“ Und dennoch: Mitunter stellt sich so etwas wie „Betriebsblindheit“ ein. Es kann nämlich der Fall eintreten, dass wir vieles einfach gewohnheitsmäßig tun und so auch gar nicht mehr hinterfragen. Wenn dann aber jemand ernsthaft nach Gott sucht und uns mit Fragen konfrontiert, die aus seinem nach Wahrheit verlangenden Herzen kommen, dann sind wir überfordert oder reagieren gar unwillig. Gott ist jedoch immer der je Größere. Sein Geheimnis, seine Wirklichkeit fordert uns täglich heraus. Wir dürfen uns im Glauben, Hoffen und Lieben nie mit dem Erreichten zufrieden geben.

Die größte Herausforderung für unseren Glauben ist wohl die Konfrontation mit fremdem und eigenem Leiden. Als Jesus, der Sohn Gottes, sich freiwillig dem Leiden unterwarf, da wurden viele an ihm irre. Sogar seine Jünger verleugneten ihn. Sind wir in der Lage, Gott auch im Leiden anzuerkennen?

Wir wollen zu Gott um diese Gnade beten. Denn nur dann vermögen wir auch den Herrn der Herrlichkeit zu preisen, Christus, der nach seinem Leiden und Sterben am dritten Tage von den Toten auferstanden ist. Er allein ist unser wahres Licht, sodass wir als Kinder des Lichtes leben können. Amen.