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Predigt:

Erleuchtet durch Gottes Gnade

4. Fastensonntag A (02.03.2008)

L1: 1 Sam 16,1b.6-7.10-13b; L2: Eph 5,8-14; Ev: Joh 9,1-41


Josef Spindelböck

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Das Beispiel des blindgeborenen jungen Mannes, der von Jesus Christus auf wunderbare Weise geheilt wurde, kann uns helfen, das wahre Licht zu entdecken, mit dem Gottes Liebe uns erleuchtet.

Wir Sehenden vermögen es uns wohl nicht vorzustellen, was es für jemanden bedeutet, blind geboren worden zu sein. Hat dieser Mensch überhaupt eine Ahnung vom Licht, von den Farben, von den Formen und Gestalten der Welt und des Lebens? Die sogenannten „inneren Bilder“, die jeder Mensch formt und in denen er seine Vorstellung, sein Denken und seine Erinnerung organisiert, werden bei einem Menschen, der von Anfang an blind ist, wahrscheinlich anders erzeugt: Er „baut“ sich seine Welt aufgrund der übrigen Eindrücke und Wahrnehmungen, deren er fähig ist; immerhin kann er hören und sprechen, hat den Tastsinn und kann riechen. Wie die Erfahrungen solcher Menschen zeigen und kundtun, nehmen sie auf ihre Weise mitunter mehr wahr, als wir uns für gewöhnlich vorstellen können. Bereiche der Wirklichkeit sowie Dinge des Lebens, die für uns vielleicht gar nicht wichtig sind, können einem Blinden sehr viel bedeuten.

Und doch hat wohl jeder Blinde die Sehnsucht danach, mit den Augen des Leibes sehen zu können, auch wenn er es sich im Letzten kaum vorzustellen vermag, was dies heißen kann!

Wie groß waren daher der Jubel und die Freude des Betroffenen und auch seiner Angehörigen und Freunde, als Jesus dem jungen, von Geburt an blinden Mann das Augenlicht schenkte. Der Geheilte begriff: Hier ist Großes geschehen, ja ein Wunder. Meine Heilung hat mit Gott zu tun, und ich vertraue dem, der mich geheilt hat. Er kann unmöglich ein Sünder sein, wie es die Pharisäer behaupten, sondern er ist ein Prophet Gottes, ja vielleicht sogar der erwartete Messias.

Liebe Gläubige! Sind wir schon sehend geworden? Die Frage klingt provozierend. Aber anders formuliert: Sind wir für die wesentlichen Dinge des Lebens schon „sehend“ geworden? Oft nämlich leben wir gleichsam „an der Oberfläche“ und merken gar nicht, dass wir das Wichtigste übersehen. Wie oft beurteilen wir doch Menschen nur nach ihrem Äußeren! Da zählen Jugend, Schönheit und Kraft, oder auch Macht, Besitz und Ehre, während doch erst die „inneren Werte“ den eigentlichen Reichtum eines Menschen ausmachen. Wie leicht kann es da sein, dass wir uns täuschen und jemanden für großartig halten, der es in Wirklichkeit gar nicht ist. Umgekehrt ist vielleicht ein Mensch, den wir gar nicht beachten, in seinem Herzen voller Glaube und Liebe und tut viel Gutes …

So kann uns das heutige Evangelium zeigen, wie auch wir mit Gottes Hilfe im Herzen „sehend“ werden können. Wir dürfen und sollen Gott bitten, dass er uns mit dem Licht seiner Gnade erleuchte. Der Heilige Geist möge uns aus der Finsternis des Irrtums, der Sünde und des Todes befreien und uns das wahre Leben schenken. Denn das Größte, was wir mit den „Augen des Herzens“ wahrnehmen können, ist die Liebe Gottes, die uns stets begleitet und bei uns ist. Mag manchmal auch alles wie verhüllt und voller Wolken sein, wenn wir nicht weiterwissen und mit etwas nicht fertig werden: Gott ist dennoch bei uns, er verlässt uns nicht. Dies im Herzen „zu sehen“, es aus ganzer Überzeugung im Glauben festzuhalten, ist bestimmt nicht leicht. Doch wenn uns Gott diese Gnade schenkt, dann sind wir über den Augenblick hinausgehoben und „sehend“ geworden für die wichtigsten Dinge des Lebens.

Wie wird es einmal sein im Himmel? Wenn wir durch Gottes Gnade nach unserem leiblichen Tod dieses Ziel erreichen, dann werden wir auf ganz neue und unerhörte Weise „sehend“ werden, denn „kein Auge hat es gesehen und kein Ohr gehört …: das Große, das Gott denen bereitet hat, die ihn lieben“ (1 Kor 2,9). Bitten wir die heilige Gottesmutter Maria, dass sie uns und unseren Mitmenschen helfe, zur glorreichen Schau Gottes im Himmelreich zu gelangen. Amen