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Predigt:

Worauf es zuerst ankommt

30. Sonntag im Jahreskreis A (26.10.2014)

L1: Ex 22,20-26; L2: 1 Thess 1,5c-10; Ev: Mt 22,34-40


Josef Spindelböck

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Im Judentum zur Zeit Jesu gab es verschiedene religiöse Gruppen, die teilweise auch politisch wirksam waren und ihren Einfluss zu behaupten suchten. Vor allem können wir hier die rationalistischen Sadduzäer nennen, dann die regeltreuen Pharisäer und auch die um Freiheit und Unabhängigkeit kämpfenden Zeloten. Jesus lässt sich von keiner Seite vereinnahmen; er hat seine Sendung zu erfüllen, die der himmlische Vater ihm zum Heil der Menschen gegeben hat.

So hatte er die Fangfrage der Sadduzäer zurückgewiesen, ob es denn einem frommen Juden erlaubt sei, dem Kaiser Steuern zu zahlen. Die Antwort Jesu war klar: „Gebt dem Kaiser, was dem Kaisers gehört, und Gott, was Gott gehört.“ (Vgl. Mt 22,15–21)

Nun meinen die Pharisäer die Klügeren zu sein und stellen Jesus eine Frage nach dem wichtigsten Gebot. Sie rechnen fest damit, dass sie ihn überführen und bloßstellen können. Denn gemäß ihrer rabbinischen Kasuistik ist diese Frage sinnlos beziehungsweise unbeantwortbar: Wenn nämlich alle Gebote von Gott kommen, dann haben alle diese Gebote denselben Wert, weil die Autorität Gottes dahintersteht, und eine Unterscheidung von wichtig und unwichtig erübrigt sich. Der pharisäische Gesetzeslehrer wird also darauf dringen, dass die Leute alle Gebote peinlichst genau einhalten, ohne Unterscheidung der Wichtigkeit. Ja, es wurde von den Pharisäern so weit getrieben, dass sie noch viele andere Gebote erfanden und sie den von Gott erlassenen Geboten an die Seite stellten. Schließlich saßen sie ja auf dem Lehrstuhl des Mose und durften in seiner Autorität Gesetze erlassen, so meinten sie jedenfalls. Wer konnte diesem Treiben entgegentreten, ohne sich nicht gleich verdächtig zu machen? Die religiöse Elite hatte einen ungeheuren Gewissensdruck aufgebaut, dem sich kaum jemand zu widersetzen wagte.

Jesus Christus lässt sich jedoch durch die Frage nach dem wichtigsten Gebot nicht aus der Fassung bringen, im Gegenteil! Mit der Klarheit dessen, der am Herzen des Vaters ruht (vgl. Joh 1,18) und als Licht in die Welt gesandt ist, um die Gewissen zu erleuchten, stellt er fest: Das wichtigste und erste Gebot ist es Gott als Herrn zu lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit allen Gedanken; das zweite Gebot, welches ebenso wichtig ist, lautet: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.

Damit hat Jesus den wesentlichen Inhalt des Gesetzes auf den Punkt gebracht. Wer könnte hier widersprechen? Denn wer Gott wirklich liebt und ihn über alles stellt und wer den Nächsten zu lieben trachtet wie sich selbst, der wird auch die Einzelgebote beachten, die sich auf die Anbetung und Verehrung des wahren Gottes beziehen und auf das Wohl und Heil des Nächsten. Wer den Nächsten liebt, wird ihm nichts Böses antun. Er wird Lüge, Mord, Ehebruch und Diebstahl vermeiden; ja, es wird ihm daran gelegen sein, auch im Herzen keine bösen Gedanken und Regungen aufkommen zu lassen.

Der heutige Nationalfeiertag lässt uns dankbar zurückblieben auf das Geschenk der wieder erlangten politischen Freiheit. Zugleich sollen wir uns auf jene Werte besinnen, die auch in Zukunft tragfähig sind. Das Gebot der Gottes- und Nächstenliebe zu erfüllen, sollte im Zentrum allen unseres Bemühens stehen. Denn dann bauen wir nicht auf Sand, sondern auf Felsen. Gott der Herr möge unser Vaterland auch in Zukunft segnen und beschützen. Dazu rufen wir die Fürbitte der seligen Jungfrau und Gottesmutter Maria und des heiligen Josef an!

Amen.