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Predigt:

Was hast du, das du nicht empfangen hättest?

18. Sonntag im Jahreskreis A (03.08.2014)

L1: Jes 55,1-3; L2: Röm 8,35.37-39; Ev: Mt 14,13-21


Josef Spindelböck

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Wer wirtschaftlich denkt, ist es gewohnt, Kosten und Nutzen oder Aufwand und Ertrag gegenseitig zu verrechnen. Dies hat gewiss seine Berechtigung überall dort, wo es um ökonomische Planung und Kalkulation geht. Allerdings: Nicht das ganze Leben lässt sich mit dieser Logik des Marktes, die oft eine Logik des Geldes ist, erklären und ordnend gestalten. Unzweifelhaft gibt es Grenzen des Marktes und Grenzen dessen, was man sich mit Geld erkaufen kann. Materielle Güter haben einen Wert, den man mit Geld aufwiegen kann, und auch Nahrungsmittel werden oft für Geld angeboten. Doch lebt der Mensch bekanntlich nicht nur vom Brot allein (vgl. Dtn 8,3; Mt 4,4).

Die wahren Werte des Menschseins und des Zusammenlebens in der Familie und mit anderen lassen sich nicht kaufen. Liebe, Treue, Freundschaft, Anteilnahme, Fürsorge – das sind Werte, die sich nicht mit etwas Materiellem aufwiegen lassen. „Böte einer für die Liebe den ganzen Reichtum seines Hauses, nur verachten würde man ihn.“ (Hld 8,7) Es gibt eben nicht nur eine Logik des Marktes, also des vertraglich vereinbarten Gütertausches, wo gemäß dem Prinzip der Gerechtigkeit jeder Leistung eine Gegenleistung entspricht; und auch die Logik der Politik im Sinne von Mechanismen zur Umverteilung des Gewinns ist nicht ausreichend. Wir würden hier den Menschen unter seinem eigentlichen Wert behandeln, wenn wir ihn nur dem Diktat der Wirtschaft und des Geldes unterwerfen wollten. Wo dies geschieht, wird das eigentlich Wichtige im Leben übersehen. Es braucht nämlich auch eine Logik des Geschenks ohne Gegenleistung, wo einer einfach für den anderen da ist in Liebe, wo wir geben, ohne zu zählen oder zu rechnen, und wo wir auch empfangen dürfen, ohne dass uns jemand auffordert, doch eine Gegenleistung dafür zu erbringen.[1]

Das ewige Heil, das uns Gott in seinem Sohn Jesus Christus anbietet, können wir nicht mit Geld oder menschlichen Leistungen aufwiegen. Hier gilt vor allem, dass es „Gnade“ ist, also Geschenk.[2] Eben deshalb heißt es in der Lesung aus dem Buch Jesaja: „Auch wer kein Geld hat, soll kommen.“ (Jes 55,1). Gott beschenkt uns mit seinen Gaben in Überfülle, und nur jene, die in der Lage sind, sich wie ein Kind beschenken zu lassen, werden das Reich Gottes empfangen. Wer hingegen selbstherrlich auftritt und sich der eigenen Leistungen und Verdienste rühmt, versperrt sich gerade dadurch den Zugang zum Heil in Christus, zur Gnade Gottes. Denn Gnade heißt zuerst Geschenk der göttlichen Liebe. Diese Liebe aber ist mächtiger als jede Not und Gefahr, denn: „All das überwinden wir durch den, der uns geliebt hat.“ (Röm 8,37)

Die wunderbare Brotvermehrung des Evangeliums zeigt uns, dass wir Gott auch die irdischen Gaben verdanken. Er lässt alles wachsen und gedeihen, was der Mensch schließlich erntet und für das Mahl bereitet. Als die vielen Menschen versammelt waren, um aus dem Mund Jesu das Wort Gottes zu hören, lenkte Gottes Geist ihre Herzen zum Himmel. Weil Jesus auch an die irdischen Bedürfnisse der Menschen dachte, wirkte er das Wunder der Brotvermehrung. Weit über 5000 Menschen wurden satt, nachdem Jesus die fünf Brote und die zwei Fische unter Dank und Lobpreis den Jüngern zum Austeilen gegeben hatten; „und alle aßen und wurden satt.“ (Mt 14,20a)

Dort wo wirklich das Reich Gottes an erster Stelle steht, wird der Mensch auch im irdischen Sinn nicht zu kurz kommen. Wo wir hingegen zuerst unser irdisches Auskommen und Glück suchen und auf die bleibenden Güter und ewigen Werte vergessen, da verlieren wir auch noch das, was wir an Gütern dieser Welt haben. An Gottes Segen ist alles gelegen! Wie oft hat sich dieses Sprichwort schon bewahrheitet.

Denn „was hast du, das du nicht empfangen hättest? Hast du es aber empfangen, was rühmst du dich, als ob du es nicht empfangen hättest?“ (1 Kor 4,7). Danken wir Gott dem Herrn für alles Gute, und geben wir das in Liebe an andere weiter, was auch wir empfangen haben. Der Segen Gottes begleite uns, wenn wir die Fürbitte der seligen Jungfrau und Gottesmutter Maria und ihres Bräutigams, des heiligen Josef, anrufen! Amen.


[1] Auf all dies hat Benedikt XVI. in seiner Enzyklika „Caritas in veritate“ (Nr. 34–37) hingewiesen.

[2] Das lateinische Wort „gratia“ (Gnade) hat mit „gratis“ (geschenkhaft, umsonst) zu tun.