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Predigt:

Gottesfurcht und Gottvertrauen

12. Sonntag im Jahreskreis A (22.06.2014)

L1: Jer 20,10-13; L2: Röm 5,12-15; Ev: Mt 10,26-33


Josef Spindelböck

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Wie ist das heutige Evangelium zu verstehen, in welchem Jesus von einer falschen und rechten Furcht spricht?

Die falsche Furcht bezieht sich auf die Menschen. Sie ist aus mehreren Gründen unnötig, ja kann sogar gefährlich und verderblich sein. Mitunter begleitet uns Menschen die Angst, dass wir in dem, was wir wahrhaft sind, von den anderen erkannt werden und dass wir dann vielleicht nicht mehr so gut dastehen. Das ist einerseits verständlich, denn jeder Mensch – nicht nur ein Übeltäter – hat bestimmte Bereiche seines Lebens, die er nicht gern vor anderen offen legen möchte. Jesus will gewiss nicht die nötige Diskretion und Verschwiegenheit in Abrede stellen, die für ein gedeihliches Zusammenleben nötig sind. Er möchte uns aber frei machen von aller unnötigen Sorge und Furcht. Nicht wie uns die Mitmenschen beurteilen ist entscheidend, denn wir Menschen urteilen nach dem Augenschein, und dieses Urteil ist oft getrübt durch irgendwelche Einflüsse und Erwartungen.

Jesus spricht davon, dass einmal alles offenbar werden wird, was wir Menschen voreinander verbergen: „Denn nichts ist verhüllt, was nicht enthüllt wird, und nichts ist verborgen, was nicht bekannt wird.“ (Mt 10,26) Er spricht hier einerseits den gewöhnlichen Lauf der Dinge an: Vieles von dem, was momentan noch unbekannt und verborgen ist, kann morgen oder übermorgen schon allen vertraut sein. Wie wahr ist dieses Wort gerade in unserer Zeit geworden, wo durch die Kommunikationsmittel wie Telefon, Internet, Radio und Fernsehen eine schnelle und sogar weltweite Verbreitung von Informationen möglich geworden ist. Das Wort Jesu vom Enthüllen des Verborgenen bezieht sich in seiner vollen Wirklichkeit jedoch auf das kommende Reich Gottes.

Die Quintessenz der Aussage Jesu lautet: Menschenfurcht ist überflüssig; wir sollten uns von ihr soweit als möglich frei machen. Insbesondere die frohe Botschaft von der rettenden Liebe Gottes soll allen verkündet werden, denn feindlich gesinnte Menschen vermögen zwar andere zu verfolgen und sogar zu töten. Doch können sie nur den Leib töten, nicht aber die Seele.

Wer aber ist es, der zu fürchten ist, da er Leib und Seele in das Verderben der Hölle werfen kann? Manche meinen, hier sei der Teufel gemeint; ihn müsse man fürchten. Nun ist jedoch wahr, dass der Versucher zum Bösen nur soweit Macht über uns hat, als wir der Sünde bewusst und freiwillig zustimmen und uns auf das Böse einlassen. Den Teufel zu fürchten ist daher schon zu viel der Ehre für ihn. Im Zusammenhang der Worte Jesu ist vielmehr Gott gemeint, der als Richter der Lebenden und der Toten tatsächlich die Macht hat, von der hier die Rede ist. Im persönlichen Gericht nach dem Tod und im allgemeinen Gericht am Jüngsten Tag wird ein jeder Mensch von Gott erkannt, und im Lichte von Gottes Herrlichkeit wird auch den anderen Menschen offenbar, wie jemand vor Gott steht und was das Innerste seiner Gedanken und Entschlüsse ausmacht.

Allerdings: Es wäre nicht richtig, gleichsam in Angst und Furcht vor Gott zu vergehen. Die Vorstellung eines fernen, strengen und richtenden Gottes ist zwar nicht in allem falsch, aber doch einseitig. Jesus hat uns den liebenden Vater geoffenbart, der für uns sorgt. Und so möchte uns Jesus zu einer Gottesfurcht hinführen, deren tiefstes Wesen Vertrauen und Liebe sind. Wer sich so auf Gott bezieht, der vertraut Gott sein ganzes Leben an. Denn der himmlische Vater sorgt für uns noch mehr als für die Spatzen, die munter in der Welt herumfliegen und reichlich Nahrung finden. Jesus sagt: „Fürchtet euch also nicht! Ihr seid mehr wert als viele Spatzen.“(Mt 10,26)

Das Gottvertrauen macht uns fähig zum Zeugnis für Jesus Christus. Selbst dort, wo Christen um ihres Glaubens willen verfolgt oder mit dem Tod bedroht werden, harren sie aus in gläubiger Hoffnung. Jesus wird sich zu einem jeden von uns vor seinem himmlischen Vater bekennen, wenn wir ihn vor den Menschen bekennen. Und darauf kommt es letztlich an: Anerkennung zu finden bei Gott, der in wahrhaftiger Weise urteilt.

Gott der Herr schenke uns die innere Freiheit, unbeirrt den Weg des Guten zu gehen. So mögen wir einander bestärken und einst das Ziel des ewigen und seligen Lebens erreichen!

Amen.