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Predigt:

Wir dienen nicht dem „Gott Fußball“!

10. Sonntag im Jahreskreis A (08.06.2008)

L1: Hos 6,3-6; L2: Röm 4,18-25; Ev: Mt 9,9-13


Josef Spindelböck

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

In den kommenden Tagen und Wochen dreht sich bei uns in Österreich und auch anderswo (fast) alles um das „runde Leder“: Es regiert wieder einmal, wie manche sagen, der „Gott Fußball“. Bei allem Verständnis für die sportliche Auseinandersetzung und den Wert der freundschaftlichen Begegnung im Rahmen des Großereignisses der Fußball-EM: Die Rede vom „Gott Fußball“ ist verräterisch und zeigt, dass manche tatsächlich schon das rechte Maß verloren haben oder zu verlieren drohen.

Aber versuchen wir dennoch bei diesem sportlichen Großereignis das Positive zu sehen und auch nach möglichen Anknüpfungspunkten für den christlichen Glauben zu fragen!

Da ist zuerst der Blick auf den körperlichen Einsatz und die damit verbundene Ertüchtigung. Schon die Römer vertraten das Prinzip einer gesunden Seele in einem gesunden Körper („mens sana in corpore sano“). Im christlichen Glauben gilt der Leib als Tempel des Heiligen Geistes. Ihm kommt daher eine besondere Würde zu. Durch den Leib drücken wir unsere Gedanken und Gefühle aus, treten wir in Verbindung mit anderen Menschen. Der Leib ist zwar sterblich, aber dennoch zur Auferstehung berufen. Diese positive Sicht des menschlichen Leibes und auch des damit verbundenen Trainings kommt in der Wertschätzung auch der sportlichen Betätigung zum Ausdruck.

Ein zweites ist wichtig: Beim Sport und insbesondere beim Fußball geht es um Kooperation, um Zusammenhalt und Zusammenarbeit. Der freundschaftliche „Brückenschlag“ nicht nur innerhalb der Spieler der jeweiligen nationalen Mannschaften, sondern auch zwischen den Angehörigen verschiedenster Teams und ihren Fans sollte gelingen. Der Sport und die Begeisterung dafür sollen die Menschen zusammenführen, nicht trennen. Auch die christliche Religion ist eine Religion der Freundschaft und der Brüderlichkeit. Die letzte Begründung dafür ist, dass wir alle Kinder eines gemeinsamen Vaters im Himmel sind. In seinem Sohn Jesus Christus hat Gott uns als Kinder angenommen und sind wir zu Brüdern und Schwestern geworden.

Schließlich ist im Sport die Fairness und gegenseitige Rücksichtnahme überaus wichtig. Darin zeigt sich echter „Sportsgeist“, wenn man sich einerseits voll einsetzt und wirklich gewinnen will, andererseits aber auch die Leistungen der anderen respektiert und schätzt und ihnen dann sogar gratulieren kann, indem man selber die „Kunst des Verlierens“ übt. Der recht verstandene Wettbewerb steht dem nicht im Weg, sofern man bereit ist, dem sportlichen Gegner die gleichen Rechte und Chancen zu gewähren, die man auch selber beansprucht. Gerade der christliche Glaube lehrt uns diese Rücksichtnahme in besonderer Weise. Jesus Christus ist nicht gekommen, um zu herrschen, sondern um uns in Liebe zu dienen. Wer ihm nachfolgt, soll bereit sein zum Dienst am Mitmenschen und zur Rücksichtnahme gerade gegenüber den Schwächeren. Hier könnte eine rechte Sicht des sportlichen Wettbewerbs helfen, die christlichen Werte wieder neu zu entdecken und nicht nur im Spiel, sondern auch im Leben zu verwirklichen.

Wenn sich viele Menschen in den kommenden Wochen bei uns den „Luxus“ der Freude am Sport leisten können, so sollten wir nicht auf die „Ärmsten der Armen“ vergessen. Die eben stattgefundene Konferenz der UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO) in Rom hat zwar auf das ungelöste Hungerproblem in der Welt hingewiesen, wonach es täglich 100.000 Menschen gibt, die an Hunger und Unterernährung sterben müssen. Doch hat es dabei, wie Experten sagen, keine wirklich wegweisenden Beschlüsse gegeben, um zu verhindern, dass der Klimawandel und die Umstellung auf Agrartreibstoffproduktion die Hungerkrise noch weiter verschärfen, welche durch Korruption und Ausbeutung der Ressourcen ohnehin bereits jetzt gegeben ist, obwohl die Erde ohne Probleme auch jetzt schon doppelt so viele Menschen als auf ihr leben ernähren könnte. Entsprechend unseren bescheidenen Möglichkeiten sind wir dazu aufgerufen, die Armen wenigstens im Gebet nicht zu vergessen und ihnen vielleicht sogar praktisch zu helfen (siehe z.B. www.kickfair.at ).

Als Christen sind wir nie ohne Hoffnung, auch dort, wo wir echte Defizite sehen und das menschliche Versagen groß ist. Jesus Christus, der Erlöser, weist uns einen Weg der Liebe und der Solidarität. Vergessen wir ihn nicht in den kommenden Tagen und Wochen, denn jede echte Freude der Menschen findet in Gott ihre Vollendung, während der Mensch ohne Gott am Ende leer dasteht! Amen