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Hintergründe zur Debatte um die Schwesternschule in Auerbach
Das Erziehungsrecht der Eltern mit Blick auf den Schul-Sexualunterricht. Das Erziehungsrecht der Eltern achten

Wolfgang Waldstein

Hinweis/Quelle: Der Text dieses Leserbriefes, der in der Zeitung „Die Tagespost“ vom 1. Dezember 2001, Nr. 144, auf Seite 16 erschienen ist, wird mit freundlicher Erlaubnis des Autors im Internet publiziert.

Im Zusammenhang mit der Debatte um die Haltung der Auerbacher Schulschwestern (siehe Leserbrief DT vom 29. November) zum Sexualkunde-Unterricht möchte ich mir erlauben, einige wichtige Normen und kirchliche Aussagen in Erinnerung zu rufen: Bereits das Grundgesetz der Bundesrepublik hat in Artikel 6 „das natürliche Recht der Eltern“ auf „Pflege und Erziehung der Kinder“ festgeschrieben. Artikel 2 des Ersten Zusatzprotokolls zur Europäischen Menschenrechtskonvention (MRK) präzisiert: „Der Staat hat bei Ausübung der von ihm auf dem Gebiete der Erziehung und des Unterrichts übernommenen Aufgaben das Recht der Eltern zu achten, die Erziehung und den Unterricht entsprechend ihren eigenen religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen sicherzustellen.“

Der „Ordensgestellungsvertrag zwischen dem Zweckverband Realschule Auerbach und dem Provinzialat der Kongregation der Schulschwestern von Unsere Liebe Frau“ vom 1. September 1998 legt in Paragraph 2 fest: „Die Vertragspartner sorgen dafür, daß der christliche Geist der Schule, welcher schon von der Kongregation an der klösterlichen Mädchenschule vermittelt wurde, erhalten bleibt. ... Die Vertragsparteien werden Einflüsse, Bestrebungen oder ähnliches abwehren, die darauf abzielen, den christlichen Charakter der Schule zu beeinträchtigen.“ In Paragraph 1, Absatz 4 des Ordensgestellungsvertrages heißt es: „Die kirchenrechtlichen Bestimmungen jedweder Art bleiben von dieser Vereinbarung unberührt und sind von beiden Vertragsparteien zu beachten.“

Neben den allgemeinen Bestimmungen des Can. 795 des kirchlichen Rechtsbuchs (CIC) haben verschiedene kirchliche Verlautbarungen die Grundsätze für die Sexualerziehung konkretisiert. Hier ist vor allem die Enzyklika „Familiaris consortio“ hervorzuheben, in deren Nr. 37 gesagt wird: „Die Geschlechtserziehung, Grundrecht und -pflicht der Eltern, muß immer unter ihrer sorgsamen Leitung erfolgen, sei es zu Hause, sei es in den von ihnen für ihre Kinder gewählten Bildungsstätten, deren Kontrolle ihnen zusteht. In diesem Sinne betont die Kirche das Prinzip der Subsidiarität, das die Schule beachten muß, wenn sie sich an der Geschlechtserziehung beteiligt; sie hat sich dabei vom gleichen Geist leiten zu lassen wie die Eltern.“ Dies ist für die Schule ein entscheidender Gesichtspunkt, denn viele Eltern haben – selbst unter großen Opfern und auch aus Österreich – ihre Kinder in die Schule von Auerbach geschickt, weil sie ihr vertrauen konnten, dieses Recht zu achten. Dies ist heute in Österreich ebenso wie in der Bundesrepublik auf Grund der staatlichen Lehrbehelfe zum Sexualunterricht nachweislich nicht mehr der Fall. Diese Tatsache ist von erstrangigen Fachleuten für Pädagogik (Wolfgang Brezinka) und Psychologie (Christa Meves) seit vielen Jahren eingehend aufgezeigt worden. Um diese Erkenntnisse haben sich die zuständigen Ministerien in Österreich und in der Bundesrepublik offensichtlich nicht gekümmert.

In der oben genannten Enzyklika wird dann weiter gesagt: „In diesem Zusammenhang ist die Erziehung zur Keuschheit völlig unverzichtbar als einer Tugend, die die wahre Reifung der Person fördert und sie befähigt, die „bräutliche Bedeutung“ des Leibes zu achten und zu entfalten. ... Deshalb wendet sich die Kirche entschieden gegen eine gewisse, vielfach verbreitete Art sexueller Information; losgelöst von sittlichen Grundsätzen ist sie nichts anderes als eine Einführung in die Erfahrung des Vergnügens und ein Anreiz, der den Kindern – schon in den Jahren der Unschuld – ihre Unbefangenheit nimmt und den Weg des Lasters öffnet.“ So weit die Enzyklika.

Wer Erfahrung mit Jugendlichen hat, wird nicht bestreiten können, daß dies das effektive Ergebnis der Anwendung der heute verbreiteten Lehrmittel zur Sexualkunde ist. Angesichts dieser Tatsachen ist der Zwang bei der Durchsetzung dieser Lehrmittel tatsächlich nur als „Diktatur des Pluralismus“ (siehe DT vom 29. März 2001) zu verstehen. Dass auch in der Kirche Verantwortliche für eine „Horizonterweiterung“ im Sinne dieses „Pluralismus“ plädieren, statt sich für die Lehre der Kirche einzusetzen, ist ein Symptom der allgemeinen Verwirrung. Diese trat besonders deutlich hervor beim Bemühen des Papstes klarzumachen, dass die Ausstellung des „Beratungsscheines“ eine für kirchliche Beratungsstellen unerlaubte Mitwirkung an der Abtreibung ist. Es spricht Bände, daß gerade Bayern den Verein „Donum vitae“ zu 95 Prozent finanziell unterstützt (DT vom 22. November), der nur zu dem Zweck gegründet wurde, den Beratungsschein für die straffreie Abtreibung weiterhin ausstellen zu können. Wer das alles tut, kann jedenfalls nicht behaupten, mit dem Elternrecht auf Erziehung, dem Menschenrecht auf Leben und der kirchlichen Lehre im Einklang zu handeln, er mag subjektiv noch so sehr im guten Glauben sein.

In dieser Lage hat die Entscheidung des Klosters Auerbach prophetische Bedeutung. Aber es muß damit offenbar, trotz des Schutzes der Religionsfreiheit (Art. 9 MRK) und des Diskriminierungsverbots (Art. 14 MRK), auch das Schicksal der Propheten ebenso wie Christi selbst teilen.