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Erwarten Sie mit Freude
Einladung an Papst - Entschuldigung für Stecher-Brief (11. Januar 1998)

Georg Eder

SALZBURG (roi). Erzbischof Dr. Georg Eder hat zum Jahreswechsel Papst Johannes Paul II. einen bemerkenswerten Brief geschrieben. Darin lädt er nämlich den Heiligen Vater nicht nur nochmals offiziell nach Salzburg ein; er entschuldigt sich vielmehr auch ganz offiziell für die ,,maßlose Kritik“ von Bischof Reinhold Stecher, die dieser noch in den letzten Amtstagen als Bischof von Innsbruck gegen Papst Johannes Paul II. erhoben hatte. Die Diözese Innsbruck ist Teil der Salzburger Kirchenprovinz, der Erzbischof Dr. Georg Eder als Metropolit vorsteht.

Im folgenden der Brief des Erzbischofs im Wortlaut:

Heiliger Vater!

Das kommende Jahr 1998 wird für die Erzdiözese Salzburg ein großes sein: Wir gedenken des Tages (20. April 798), an dem Ihr Vorgänger Leo III. auf Bitten Karl des Großen Salzburg zur Metropole über die vom hl. Bonifatius 739 gegründeten Bistümer erhob. Damals wurde Salzburg zum Missionszentrum in Mitteleuropa. Durch den Besuch des Vicarius Jesu Christi am 19. Juni wird dieses Fest in einzigartiger Weise gekrönt

Wir haben den Dom der hll. Rupert und Virgil erneuert, und dies nehmen wir als einen Auftrag an, die wahre Erneuerung der Kirche im Sinn des 2. Vatikanums voranzutreiben. Sie selber schreiben, ,,daß die Sendung Christi, des Erlösers, am Ende des 2. Jahrtausends noch in den Anfängen steckt“ (RM). Und damit wir nicht steckenbleiben, haben wir in den Jahren 1994–1996 ein Diözesanforum unter dem Motto ,,Ich will euch Hoffnung und Zukunft geben“ (Jer 29,11) abgehalten.

Im Namen der Erzdiözese und im Namen der ganzen Kirchenprovinz Salzburg möchte ich, der unwürdige 88. Nachfolger des hl. Rupertus, Sie, lieber Heiliger Vater, als den 265. Nachfolger des hl. Petrus, nochmals offiziell und von ganzem Herzen einladen. Wir haben die Stärkung des Papstes in unserer Zeit dringend nötig.

Die Kirche von Österreich hatte in den letzten Jahren manch schmerzliche Prüfung zu erleiden, und diese Prüfung ist noch nicht zu Ende. Kurz vor Weihnachten wurden Sie, Heiliger Vater, von einem unserer Mitbrüder in unverständlicher Härte angegriffen. Wir versuchen, die Motive dieser maßlosen Kritik zu verstehen; sind uns aber bewußt, daß Ihnen damit schwerstes Unrecht angetan und das Herz des obersten Hirten dadurch mit großem Schmerz erfüllt wurde. In aller Form möchte ich mich – im Namen vieler treuer Katholiken -dafür entschuldigen und um Verzeihung für diesen Bruder und uns alle bitten. Heiliger Vater, lassen Sie sich durch diesen bitteren Vorfall nicht davon abhalten, zu uns zu kommen! Wir wissen von Ihren Leiden und sehen, daß Sie sich bis zur Hingabe des Lebens für die Kirche einsetzen. Jetzt wird unsere Lebe zu Ihnen noch vertieft, und wir erwarten Sie am 19. Juni, dem Fest des heiligsten Herzens Jesu, mit großer Sehnsucht und Freude. Wir wollen alle unsere Türen für Sie und noch mehr für Christus öffnen.

1998 ist im Triennium auf das große Jubeljahr unserer Erlösung dem Heiligen Geist geweiht. Wir bitten den Heiligen Geist, den ,,Dominum et Vivificantem“ inständig, daß ER Ihnen so viel Kraft und Stärke gebe, daß Sie auch an uns Ihr liebstes Amt ausüben können, ,,die Brüder zu stärken“.

Über dem Hochalter unserer Kathedrale stehen die Worte des Psalms (16,11): ,,Notas mihi fecisti vias vitae“. Und das ist die große Bitte, die wir von Salzburg aus an Sie richten: Komm, Heiliger Vater, und zeige uns diesen Weg des Lebens, den Weg in das neue Jahrtausend, zeige uns auch den Weg zum Frieden und zur Einheit der Kirche in Österreich!

In großer Verehrung Ihrer Person grüße ich im Namen ,,der Vielen“

    • + Georg Eder
      Erzbischof

 


 

“Rupertusblatt“, 11. Januar 1998, Seite 3

,,In den Bergen weit verstiegen“
Interview mit EB Eder zum Brief von Bischof Stecher

Herr Erzbischof, Sie haben Papst Johannes Paul II. zum Jahreswechsel einen Brief geschrieben, weshalb?

Ich wollte zunächst den HI. Vater nochmals offiziell nach Salzburg einladen; sah aber dann einen besonderen Grund wegen der massiven Kritik unseres Mitbruders Reinhold Stecher am Papst. Dafür wollte ich förmlich um Vergebung bitten.

Wie sehen Sie diese Vorwürfe?

Meiner Ansicht nach sind sie nicht nur überzogen, sondern höchst ungerecht. Natürlich sind in dem Brief auch Sorgen angesprochen, die wir alle teilen. Wenn aber ein Bischof seine Anliegen dem Papst persönlich vorbringen will, so gibt es den geraden Weg nach Rom. Ich billige meinem Mitbruder durchaus die gute Absicht zu; aber auch mit dieser kann man sich „in den Bergen weit versteigen“.

Sie sprechen in Ihrem Brief von einer ,,maßlosen Kritik“.

Die Kritik ist dort maßlos überzogen, wo etwa behauptet wird, daß die ,,Kirchenleitung“ ein theologisches und pastorales Defizit aufweist; daß die Weisungen Jesu den kirchlichen Verwaltungspraktiken untergeordnet werden; daß Millionen Menschen von den heilsnotwendigen Sakramenten ausgeschlossen werden; daß Rom (der Papst) anstelle der Barmherzigkeit die Methode harter Herrschaft ausübt etc.

Vorwürfe, die praktisch einer Rücktrittsaufforderung an den Papst nahekommen?

Wenn die Vorwürfe zuträfen, würde der HL Vater die Kirche nicht mehr nach den Weisungen Christi leiten; oder anders gesagt: Als Bischof müßte ich bei solchen zutreffenden-Vorwürfen eigentlich zurücktreten.

Ist der Papst hartherzig?

Es ist richtig, daß der Papst unbeugsam an dem ihm anvertrauten Glaubensgut festhält; er kann nichts anderes tun, wenn er ,,nach Wissen und Gewissen handelt – das hat aber mit persönlicher Hartherzigkeit nichts zu tun Die ganze Welt spürt, wie dieser Mensch sich mit aller Lieb allen Menschen zuneigt; wie sollte er seiner eigenen Kirche ein hartherziger Hirte sein?

Dieser Brief von Altbischof Stecher, aber auch die Geschehnisse in den ersten Tagen des neuen Jahres lassen fürchten, daß die Kirche Österreichs ein weiteres schweres Iahr vor sich hat.

Das mag sein. Aber auch die schweren Jahre können zu segensschweren werden. Wir haben den ,,Dialog für Österreich“ begonnen; wenn wir diesen Dialog gleichzeitig mit Gott (Gebet) und den Menschen (offenes Gespräch) führen, kann er durchaus fruchtbar sein.

Mit EB Dr. Georg Eder sprach Chefredakteur Karl Roithinger.