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Der Rosenkranz - mit Maria zu Jesus
(September 2005)

Josef Spindelböck

Hinweis/Quelle: 3-teilige Sendereihe auf Radio Maria Österreich 2005

Liebe Hörerinnen und Hörer von Radio Maria Österreich!

Der Rosenkranz – eine Einladung zum vertrauensvollen Gebet

Heute am Abend des Festes Kreuzerhöhung – es ist ja der 14. September – und zugleich am Vorabend vom Gedächtnis der Schmerzen Mariens beginnen wir unsere 3-teilige Sendereihe mit dem Titel „Der Rosenkranz – mit Maria zu Jesus.“

Gerade das Zusammenfallen dieser beiden Feste lässt uns erkennen, dass man den Sohn Jesus nie von seiner Mutter Maria trennen darf: weder bei der Empfängnis und Geburt Christi, noch in seinem Leben, Leiden und Sterben und auch nicht im Hinblick auf seine Auferstehung und Verherrlichung. Dieser Zusammenhang, dass Maria zu Jesus gehört und sie uns zu Jesus Christus, ihrem Sohn, hinführt, der im Heiligen Geist der einzige Mittler zum Vater im Himmel ist, wird uns im Rosenkranzgebet auf einzigartige Weise vorgestellt, um darüber betend nachzudenken und dann unser Leben darauf hin zu orientieren:

„Gott, dein eingeborener Sohn hat uns durch sein Leben, seinen Tod und seine Auferstehung die Schätze des ewigen Heils erworben. Wir verehren diese Geheimnisse im heiligen Rosenkranz der seligen Jungfrau Maria. Lass uns nachahmen, was sie enthalten, und erlangen, was sie verheißen. Darum bitten wir durch ihn, Christus, unseren Herrn. Amen.“ (Aus den Gebeten der „Legion Mariens“)

Für uns Österreicher ist dieses Jahr 2005 ein Jahr besonderer Dankbarkeit gegenüber Gott und seinem Wirken. Es war die Frucht nicht zuletzt des Rosenkranzgebetes, die in der wieder erlangten Freiheit und Unabhängigkeit des Staates Österreich und im Staatsvertrag vom 15. Mai 1955 erfahren werden konnte. Damals hatten sich Hunderttausende dem Gebetsaufruf von P. Petrus Pavlicek, dem Gründer des Rosenkranz-Sühnekreuzzuges, angeschlossen. Von den einfachen Leuten bis hin zu den Politikern und Wissenschaftern vereinten sich viele im Gebet zur Mutter des Herrn, worauf Gott dann dem Volk die lang ersehnte Freiheit wieder schenkte. Vor 50 Jahren rief Außenminister Figl: „Österreich ist frei!“ Bundeskanzler Raab fügte hinzu: „Wenn sich nicht so viele Hände in Österreich zum Gebet gefaltet hätten, so hätten wir es wohl nicht geschafft.“

Es ist ein besonderes Anliegen von „Radio Maria Österreich“, diese Zusammenhänge lebendig zu halten und das Gebet und Vertrauen zur Gottesmutter Maria in unserem Volk und Land neu zu beleben – auch und gerade in den neuen europäischen und globalen Zusammenhängen, die sich seither aufgetan haben.

Wir dürfen und wollen uns auf den Rosenkranzmonat Oktober (und den „Gedenktag Unserer Lieben Frau vom Rosenkranz“ am 7. Oktober) vorbereiten, wobei uns die Kirche verstärkt einlädt, dieses wichtige Gebet zu beten: in den eigenen Anliegen, in Verbundenheit mit unseren Familien, Verwandten und Freunden, ja mit allen Menschen, die Gott suchen und finden wollen und in besonderer Liebe zu den Sündern, dass sie sich bekehren und Gottes Erbarmen erfahren, für gute Familien, Priester- und Ordensberufe, um Frieden und Versöhnung in der Welt, für Jung und Alt, für die Kranken und Sterbenden.

Der Sinngehalt des Rosenkranzes

Obwohl es auch in anderen Religionen Gebetsformen gibt, die mit dem Bewegen von Perlen auf einer rosenkranzähnlichen Schnur und mit dem Aussprechen sich wiederholender Worte (z.B. „Mantras“) verbunden sind, so darf uns diese äußere Ähnlichkeit doch nicht dazu verleiten, den spezifisch christlichen Charakter des Rosenkranzgebets zu übersehen.

Der Rosenkranz ist in seinen festen Bestandteilen (Glaubensbekenntnis, Vater unser, Ave Maria, Ehre sei dem Vater, O mein Jesus) gleichsam eine „Kurzfassung des ganzen Evangeliums“, wie es das „Kompendium“ des „Katechismus der Katholischen Kirche“ in Nr. 198 zum Ausdruck bringt. Wenn wir also den wesentlichen Inhalt des Evangeliums, der frohen Botschaft von Jesus Christus, dem Herrn und Erlöser, meditieren, uns den Glauben der Kirche im Herzen aneignen wollen und möchten, dass er im Leben wirksam wird, dann tun wir gut daran, den heiligen Rosenkranz zu beten. Der Rosenkranz ist eine biblisch fundierte Form der Volksfrömmigkeit, die das sakramentale Leben der Kirche begleitet.[1]

Die heilige Jungfrau Maria stellt die betende Kirche dar, und darum vereint sich die Kirche in ihrem Beten mit Maria. Das Beten der Kirche ist im besonderen Sinn marianisch:

„Wegen ihrer einzigartigen Mitarbeit am Wirken des Heiligen Geistes betet die Kirche gern zu Maria und mit Maria, der vollkommenen Beterin, um mit ihr den Herrn zu preisen und anzurufen. Maria zeigt uns den Weg: ihren Sohn, den einzigen Mittler“ (Kompendium, Nr. 562).

Der Rosenkranz ist sowohl ein mündliches wie auch ein betrachtendes Gebet: Indem wir bestimmte Gebete wiederholen, allein oder in Gemeinschaft, werden uns jeweils wichtige Geheimnisse des Heils zur Meditation vorgelegt. Zugleich dürfen wir unser ganzes Leben in das Rosenkranzgebet hinein nehmen und alles durch Maria, die Jungfrau und Gottesmutter, ihrem Sohn Jesus übergeben. Wenn daher manche klagen, dass sie nicht ruhig beten und sich konzentrieren können, dann soll dies eine Ermutigung sein, es doch mit dem Rosenkranzgebet zu versuchen. Hier wird unsere Seele ruhig, der Gleichklang der Worte macht unser Herz frei und lässt uns die Nähe Gottes suchen. Selbst da, wo wir nicht loskommen von bestimmten Sorgen, die uns belasten, oder wo uns immer dieselben Gedanken umkreisen, dürfen wir dies alles Gott weihen. Maria betet mit uns, und wo das Kind die Worte nicht recht auszusprechen vermag oder ihren Sinngehalt nicht ganz begreift, da ergänzt die himmlische Mutter alles Fehlende auf bestmögliche Weise. Die Zeit, die wir im Rosenkranzgebet Gott schenken, ist nie verloren. Es ist eine Gnade, wenn auch junge Menschen den herzhaften Entschluss fassen, täglich den Rosenkranz oder einen Teil davon zu beten, und dies in Treue durchhalten. So mancher verdankt diesem Gebet ein geglücktes Leben als Vater oder Mutter, als Ordensfrau oder als Priester.

Der verstorbene Papst Johannes Paul II. rief in seinem Apostolischen Schreiben „Rosarium Virginis Mariae“ vom 16. Oktober 2002 die Kirche dazu auf, sich der heiligen Jungfrau und Gottesmutter Maria besonders in diesem Gebet anzuvertrauen (Nr. 43): Dieses „Gebet, das so einfach und gleichzeitig so reich ist, verdient es wirklich, von der christlichen Gemeinschaft neu entdeckt zu werden.“ Der Papst wandte sich an „die Mitbrüder im Bischofsamt, Priester und Diakone“ und an alle, die „in den verschiedenen Diensten der Seelsorge tätig“ sind: „Wenn Ihr die Schönheit des Rosenkranzes persönlich erfahrt, werdet Ihr selbst zu eifrigen Förderern dieses Gebetes!“ Er fuhr fort:

„Auch in Euch, die Theologen, setze ich mein Vertrauen, dass Ihr im Rahmen gleichermaßen präziser und weiser Überlegungen, die mit Achtsamkeit gegenüber dem Lebensvollzug des Gottesvolkes auf das Wort Gottes gründen, mithelft, die biblischen Grundlagen, den geistlichen Reichtum und die pastorale Wirksamkeit dieses Gebetes zu entdecken. Ich zähle auf Euch, die gottgeweihten Gläubigen, die Ihr in ganz besonderer Weise dazu berufen seid, das Antlitz Christi in der Schule Mariens zu betrachten. Auf Euch alle schaue ich, Brüder und Schwestern jeglichen Standes, auf Euch, die christlichen Familien, auf Euch, die Kranken und die betagten Menschen, auf Euch, die Jugendlichen: nehmt aufs Neue den Rosenkranz mit Vertrauen in Eure Hände! Entdeckt den Rosenkranz wieder im Licht der Heiligen Schrift, in Einklang mit der Feier der Liturgie und unter den Umständen des alltäglichen Lebens.“

In diesem Sinn wollen wir jetzt gemeinsam ein Geheimnis des schmerzhaften Rosenkranzes beten: „Jesus, der für uns gekreuzigt worden ist.“ Wir denken dabei an die Gegenwart Marias unter dem Kreuz des Herrn, wie wir sie am heutigen Fest Kreuzerhöhung und am morgigen Gedächtnis der Schmerzen Marias betend erwägen. Uns allen hat der Herr vom Kreuz aus in seinem Jünger Johannes seine eigene Muter Maria als Mutter anvertraut. Sie dürfen wir lieben und verehren, auch in den Leiden und Prüfungen des Lebens, die sie mit uns trägt, bis auch wir Anteil an der Herrlichkeit ihres Sohnes erhalten.

Es folgt das Gebet des Rosenkranz-Geheimnisses.

Zur Geschichte des Rosenkranzgebetes

Aus dem christlichen Altertum wird besonders von den Wüstenvätern und den Nachahmern ihrer Aszese eine Aneinanderreihung von Gebeten, vor allem des Herrengebetes, also des Vaterunser, berichtet. Zum Zählen der Gebetseinheiten benutzten sie Steinchen u. ä. oder auch geknotete Schnüre.

Die Christen führten insbesondere in den entstehenden Klöstern die jüdische Tradition des Psalmengebets weiter. Wer des Lesens oder der griechischen bzw. lateinischen Sprache, in der die Psalmen gebetet wurden, nicht kundig war, suchte nach einem Ersatzgebet. Bedeutung gewann daher die Reihung des Vaterunsers als Ersatz für das Psalmenbeten; so wurden oftmals 150 Vaterunser entsprechend der Zahl der 150 Psalmen gebetet.

Dieses Reihengebet wurde dann durch den marianischen Aspekt ergänzt. Seit dem 11./12. Jh. wurde das Ave-Maria (Gegrüßet seist du, Maria) immer mehr zu einem volkstümlichen Gebet, das in enger Anlehnung an die Heilige Schrift formuliert wurde.

Der Trierer Karthäuser Dominikus von Preußen (+ 1460) fasste die Ereignisse des Lebens Jesu in 50 Schlusssätzen („clausulae“) zusammen, die sich an den (damals allein üblichen) ersten Teil des „Gegrüßet seist du, Maria“ anschlossen.

Durch Reduzierung auf 15 Geheimnisse (in der heutigen Gestalt um 1483 in Süddeutschland nachgewiesen, seit 1600 allgemein üblich: freudenreiche, schmerzhafte, glorreiche Geheimnisse) und durch Gliederung der Gebetsreihung in Zehnergruppen entsteht so der heutige Rosenkranz. Die Beifügung der drei Ave mit dem Gebet um die drei göttlichen Tugenden (Glaube, Hoffnung, Liebe) erwuchs aus der nachtridentinischen Frömmigkeit.

Die Formulierungen der „lichtreichen Geheimnisse“ gehen auf Papst Johannes Paul II. zurück. Diese nennen ein Glaubensgeheimnis zwischen Kindheit und Leiden Jesu und ergänzen die drei klassischen Formen (freudenreicher, schmerzhafter und glorreicher Rosenkranz). Daneben gibt es auch andere Formen des Rosenkranzes (z.B. den 7-Schmerzen-Rosenkranz der Serviten oder den trostreichen Rosenkranz).

Der Beginn und die Einleitung des Rosenkranzgebetes (vgl. „Gotteslob“, Nr. 33)

Wir beginnen den Rosenkranz mit dem Kreuzzeichen: Im „Jahr der Eucharistie“ lud der Heilige Vater am 11.09.2005 die Gläubigen dazu ein, „über die tiefe und unauflösliche Bande nachzudenken, die zwischen der Eucharistiefeier und dem Geheimnis des Kreuzes bestehen“. Und er fügte hinzu: „Jede Heilige Messe aktualisiert tatsächlich das Erlösungsopfer Christi.“ Die Eucharistie sei aus diesem Grund „Gedenken des gesamten Ostergeheimnisses: Passion, Tod, Abstieg in die Hölle, Auferstehung und Himmelfahrt. Und das Kreuz ist der greifbare Ausdruck der unermesslichen Liebestat, durch die der Sohn Gottes den Menschen und die Welt von Sünde und Tod gerettet hat.“ Das Kreuzzeichen nannte der Heilige Vater die „grundlegende Geste im Gebet des Christen“. Sich zu bekreuzigen bedeute, „ein sichtbares und öffentliches Ja zu dem zu sprechen, der für uns gestorben und auferstanden ist – zu diesem Gott, der in der Bescheidenheit und Schwachheit seiner Liebe allmächtig ist und stärker als jede irdische Macht und Intelligenz.“ Das Kreuz sei, genauso wie die Eucharistie, „kein vorübergehendes Ereignis, sondern der Durchgang, durch den Christus in seine Herrlichkeit gelangte und die ganze Menschheit versöhnte, weil er jede Feindseligkeit überwunden hat“. Die Gläubigen dürften deshalb voller Zuversicht beten:

„Bleib bei uns, Herr, der du die Welt durch dein heiliges Kreuz erlöst hast!“

Die letzten Worte des Papstes galten der Jungfrau Maria. Wie niemand sonst sei sie dabei behilflich, das Verständnis für die Heilige Messe zu vertiefen:

„Wenn wir die heilige Kommunion empfangen, umarmen wir – wie Maria und vereint mit ihr – das Holz, das Jesus durch seine Liebe in ein Heilsmittel verwandelt hat, und sprechen unser ‚Amen’, unser Ja, zur gekreuzigten und auferstandenen Liebe.“

So führt uns das Kreuzzeichen zu Beginn des Rosenkranzes ein in das Zentrum des Erlösungsgeheimnisses. Der Rosenkranz verbindet uns auf diese Weise mit der Feier der heiligen Messe.

Erwägen wir zum besseren Verständnis auch die Worte von Joachim Kardinal Meisner:

„Die Perlen enthalten eigentlich alles, was zu wissen und zu glauben notwendig ist, um das ewige Leben zu gewinnen. Das ist zunächst das Kreuz am Anfang des Rosenkranzes. Vom Kreuz sagt der hl. Thomas von Aquin: Das Kreuz ist mein Buch, man liest es nie aus. An ihm beten wir das Glaubensbekenntnis. Das ist unsere Glaubenslehre. Dann kommen [nach dem Vaterunser, Anm.] die ersten drei Ave Maria: Das ist unsere Lebenslehre: Glaube, Hoffnung und Liebe. Wir beten um diese drei göttlichen Tugenden. Dabei erinnern wir uns an das Wort des heiligen Paulus: Am größten unter ihnen ist die Liebe. Daran hängen alle anderen Gebote: Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben und deinen Nächsten wie dich selbst.“

Jedes Gesätz beginnt mit einem Vaterunser. Es folgt zehnmal das „Ave Maria“; nach dem Namen „Jesus“ wird jedes Mal das entsprechende Geheimnis eingefügt. Das Gesätz schließt mit dem „Ehre sei dem Vater“ (und dem Gebet „O mein Jesus“).

Das Gebet des „Ehre sei dem Vater“ ist von der Entstehung des Rosenkranzes als Ersatz für das Psalmengebet zu verstehen. Gott allein, dem einen und dreifaltigen, gebührt Anbetung und höchste Ehre! Diese Haltung soll unser ganzes Leben durchdringen. Alles, was Gott in seiner Liebe für uns tut, tut er um unseres Heiles willen. Dafür wollen wir ihm dankbar sein.

Die Geheimnisse des Rosenkranzes sind in Fünfergruppen aufgeteilt (vgl. GL Nr. 33):

1. die freudenreichen Geheimnisse:

  • Jesus, den du, o Jungfrau, vom Heiligen Geist empfangen hast (Lk 1,35)
  • Jesus, den du, o Jungfrau, zu Elisabeth getragen hast (Lk 1,39–56)
  • Jesus, den du, o Jungfrau, in Bethlehem geboren hast (Lk 2,1–20)
  • Jesus, den du, o Jungfrau, im Tempel aufgeopfert hast (Lk 2,22–24)
  • Jesus, den du, o Jungfrau, im Tempel wieder gefunden hast (Lk 2,41–52)

2. die lichtreichen Geheimnisse:

  • Jesus, der von Johannes getauft worden ist (Lk 3,21–22)
  • Jesus, der sich bei der Hochzeit in Kana offenbart hat (Joh 2,1–12)
  • Jesus, der uns das Reich Gottes verkündet hat (Mt 9,35)
  • Jesus, der auf dem Berg verklärt worden ist (Lk 9,28–36)
  • Jesus, der uns die Eucharistie geschenkt hat (Mk 14,17–25)

3. die schmerzhaften Geheimnisse:

  • Jesus, der für uns Blut geschwitzt hat (Lk 22,44)
  • Jesus, der für uns gegeißelt worden ist (Joh 19,1)
  • Jesus, der für uns mit Dornen gekrönt worden ist (Joh 19,2)
  • Jesus, der für uns das schwere Kreuz getragen hat (Joh 19,17)
  • Jesus, der für uns gekreuzigt worden ist (Joh 17,18)

4. die glorreichen Geheimnisse:

  • Jesus, der von den Toten auferstanden ist (Lk 24,6)
  • Jesus, der in den Himmel aufgefahren ist (Apg 1,9–11)
  • Jesus, der uns den Heiligen Geist gesandt hat (Apg 2,1–13)
  • Jesus, der dich, o Jungfrau, in den Himmel aufgenommen hat (1 Kor 15,22–23)
  • Jesus, der dich, o Jungfrau, im Himmel gekrönt hat (Offb 12,1)

5. die trostreichen Geheimnisse (vgl. GL 33,6):

  • Jesus, der als König herrscht (Offb 19,6)
  • Jesus, der in seiner Kirche lebt und wirkt (Eph 1,22–23)
  • Jesus, der wiederkommen wird in Herrlichkeit (2 Petr 3,8–13)
  • Jesus, der richten wird die Lebenden und die Toten (Röm 2,1–11)
  • Jesus, der alles vollenden wird (1 Kor 15,35–58)

Wenden wir uns nun den freudenreichen Geheimnissen zu!

Jesus, den du, o Jungfrau, vom Heiligen Geist empfangen hast (Lk 1,35)

Gott hat eine Jungfrau auserwählt, die Mutter seines eingeborenen Sohnes Jesus Christus zu werden. Sie war mit einem Mann namens Josef verlobt, und ihr Name war Maria. Als sie die Botschaft des Engels vernahm, dass sie die Mutter des Erlösers werden solle, bedachte sie das alles in ihrem Herzen. Ihr Urteil war ganz auf den Willen Gottes ausgerichtet und nicht getrübt durch Furcht oder Leidenschaft. Weil sie „voll der Gnade“ war und frei von jeder Sünde, war sie ganz bereit für die Pläne Gottes. So zweifelte sie nicht einen Augenblick an der Wahrheit der Verheißung des Engels. Wohl aber fragte sie, die mit Wissen und Einverständnis ihres Bräutigams Josef bereits den Entschluss zu einem jungfräulichen Leben gefasst hatte, wie denn die Empfängnis und Geburt des Kindes geschehen solle, da sie keinen Mann erkenne. Der Engel zeigte ihr auf, dass dies durch das Wirken des Heiligen Geistes geschehen würde, worauf Maria ihr bereitwilliges „Fiat“ gab: „Mir geschehe, wie du es gesagt hast.“ In diesem Geheimnis dürfen wir die achtsame Bereitschaft zum Hören auf das Wort Gottes erwägen, die die heilige Jungfrau Maria auszeichnete. In ihrer demütigen Offenheit durfte sie die Mutter des ewigen Wortes werden, das für uns und um unseres Heiles willen Fleisch angenommen hat. Gott ist als Mensch einer von uns geworden, er ist in Jesus Christus unser Bruder geworden und hat doch sein Gottsein nicht abgelegt. Ihn beten wir an aus ganzem Herzen, und Maria zeigt uns, dass auch wir in unserem Leben offen sein sollen für den Willen Gottes, wo immer er an uns ergeht. Denn nur im demütigen und vertrauensvollen Gehorsam gegenüber dem Willen Gottes liegt unser Glück und unser Heil!

Jesus, den du, o Jungfrau, zu Elisabeth getragen hast (Lk 1,39–56)

Maria trägt ihr Kind Jesus unter ihrem Herzen und begibt sich zu ihrer Verwandten Elisabeth. Auch diese ist bereits im sechsten Monat schwanger, obwohl sie als unfruchtbar galt. Denn bei Gott ist nichts unmöglich. Als Elisabeth den Gruß Marias hört, bewegt sich vor Freude deren Kind, Johannes, unter ihrem Herzen. In diesem Augenblick findet jene einzigartige Begegnung Jesu, des Kindes und Erlösers, mit seinem Vorläufer Johannes statt, welche Freude und Gnade vermittelt. Maria, die Mutter Jesu, darf auf diese Weise erstmals wirksam eintreten für das Heil der Menschen. Was aber hört sie von Elisabeth? Diese grüßt sie mit dem Titel „Mutter des Herrn“ und hält sicht selber nicht für würdig, dass Maria sie besucht. Denn Maria hat geglaubt, dass geschehen wird, was ihr gesagt wurde. Darum ist sie selig zu preisen. Daraufhin stimmt Maria ihr Loblied auf Gottes Größe und Güte an, das Magnificat. Es ist ein Ausdruck ihrer dankbaren Freude über die großen Taten des Herrn, die er an seinem auserwählten Volk, aber besonders an ihr erwiesen hat. In Jesus Christus, dem Erlöser, wird Gott alles dieses Große vollenden. Denn sein Reich und seine Herrlichkeit währen ewig.

Jesus, den du, o Jungfrau, in Bethlehem geboren hast (Lk 2,1–20)

Maria darf der Welt den Erlöser schenken. Sie gebiert ihn als Kind im Stall von Bethlehem und wickelt ihn in Windeln. In der Krippe liegt als armes, kleines und hilfloses Kind der, dem die Engel dienen. Josef und Maria schenken dem Kind ihre ganze Liebe und werden es stets behüten. In der Stille der Nacht ruft Gott durch Engel als seine Boten Hirten auf dem Feld und zeigt ihnen, dass der Erlöser geboren ist. Sie kommen und beten ihn an. Später kommen auch die Weisen aus dem Morgenland und anerkennen das Jesuskind als Erlöser und König. Nur wer im Herzen demütig ist und bereit ist zu empfangen (das ist gemeint mit der „Armut des Herzens“, die wir haben sollen), wird die Liebe Gottes im menschgewordenen Sohn Jesus Christus erfahren und annehmen können. Das Geschehen von Bethlehem hat die Welt verändert. Überall dort, wo Menschen dem Herrn Jesus Christus nachfolgen und ihm dienen, kehrt Liebe ein in die Herzen. Seit der Menschwerdung Gottes dürfen wir in jedem Menschen unseren Bruder und unsere Schwester sehen, denn wir alle sind zur Gotteskindschaft und zur Teilnahme an der himmlischen Herrlichkeit berufen.

Jesus, den du, o Jungfrau, im Tempel aufgeopfert hast (Lk 2,22–24)

Als das Jesuskind von seiner Mutter Maria und vom heiligen Josef im Tempel dargestellt wird, nimmt Simeon das Kind auf seine Arme und preist Gott für die Gnade, den Erlöser schauen zu dürfen. Dann segnet er sie alle und weist darauf hin, dass dieses Kind ein Zeichen des Widerspruchs sein werde. Viele würden durch Jesus zu Fall kommen, viele würden aufgerichtet werden. Dadurch sollten die Gedanken vieler Menschen offenbar werden. Direkt an Maria gewandt prophezeit Simeon: „Dir selbst aber wird ein Schwert durch die Seele dringen.“ Wie muss die heilige Gottesmutter Maria diese doch grausam erscheinende Weissagung aufgenommen haben? Trotz aller Ungewissheit hat sie bestimmt nicht ihre hoffnungsvolle Zuversicht in die Wege der göttlichen Vorsehung aufgegeben. Auch wenn sie nun wusste, dass sie in Zukunft in ihrem Leben mit Jesus viel Schweres erwarten würde, so hat sie dies in demütiger, gläubiger und liebevoller Gottergebenheit im Voraus angenommen – zum Heil der Menschen. Auch uns sollen zukünftige Leiden und Bedrängnisse nicht schrecken, da uns zur rechten Zeit die Hilfe Gottes zuteil werden wird.

Jesus, den du, o Jungfrau, im Tempel wieder gefunden hast (Lk 2,41–52)

Wie schön hat diese gemeinsame Wallfahrt für die Heilige Familie begonnen! Der bereits zwölfjährige Jesus ist mit dabei in der großen Gruppe der Pilger, es besteht kein Grund zur Sorge. Als er aber plötzlich unauffindbar ist, werden seine Eltern in große Unruhe versetzt. Wo kann er sein? Ist ihm etwas zugestoßen? Erst nach drei Tagen finden ihn Maria und Josef bei den Lehrern im Tempel, mit denen er Gespräche führt. Ist schon die Suche nach Jesus ein großer Schmerz für Maria und Josef gewesen, so fällt ihnen seine Antwort ebenfalls nicht leicht: „Warum habt ihr mich gesucht? Wusstet ihr nicht, dass ich in dem sein muss, was meinem Vater gehört?“ Es heißt, dass sie nicht verstanden, was er ihnen damit sagen wollte. Die Pläne Gottes bleiben uns oft dunkel, doch Gottes heiliger Wille führt immer zum Guten und dient unserem Heil. Darauf wollen wir wie Maria und Josef vertrauen! – Das Jesuskind aber ging mit den Eltern heim, und so verbrachte der heranwachsende Jesus noch fast zwanzig Jahre im Kreis seiner Familie. Indem er seinem Nährvater Josef half, heiligte er die Würde der Arbeit. Der Sohn Gottes als Handwerker in der „Schule“ des heiligen Josef: Dies ist ein Thema, das eigener Betrachtung wert wäre, denn Gott hat uns dadurch gezeigt, dass es keine niedrigen Arbeiten gibt, sondern alles beitragen kann zum Aufbau des Reiches Gottes. Im Verborgenen kann Großes geschehen, und alles Wichtige braucht seine Vorbereitung, die der Sohn Gottes bereitwillig auf sich genommen hat.

Die lichtreichen Geheimnisse wurden von Papst Johannes Paul II. im Apostolischen Schreiben „Rosarium Beatae Mariae Virginis“ vorgestellt

Jesus, der von Johannes getauft worden ist (Lk 3,21–22)

Obwohl Jesus ohne Sünde ist, reiht er sich ein in die Schar jener, die sich von Johannes am Jordan taufen lassen wollen. Johannes möchte es zuerst nicht zulassen; erst auf die Aufforderung Jesu hin lässt er es geschehen, damit sich der Wille Gottes erfüllt. Der Himmel tut sich auf: Der Heilige Geist kommt in Gestalt einer Taube auf Jesus herab, und der himmlische Vater bezeugt ihn als den geliebten und erwählten Sohn, auf den die Menschen hören sollen. Er ist der Christus, der mit dem Heiligen Geist Gesalbte, der Messias. Er wird sein Volk von seinen Sünden erlösen. Darum verkündet Johannes, dass dieser das Lamm Gottes ist, das hinweg nimmt die Sünde der Welt. Wenn wir die heilige Kommunion empfangen, spricht der Priester vorher diese Worte aus. Sie erinnern uns an die Opferhingabe des Lebens und Sterbens Christi. Freiwillig wollte der Sohn Gottes für uns zum Opferlamm der Liebe werden, um uns von allen Sünden und allem Bösen zu erlösen.

Jesus, der sich bei der Hochzeit in Kana offenbart hat (Joh 2,1–12)

Bei der Hochzeit zu Kana, an der Jesus mit seiner Mutter Maria und seinen Jüngern teilnimmt, wirkt er sein erstes Wunder. Er verwandelt Wasser in Wein. Dieses Zeichen offenbart seine Macht und Größe, sodass viele an ihn glauben. Denn ein Wunder ist ein göttliches Zeugnis, und so bezeugt hier der Vater seinen eingeborenen Sohn, den er in die Welt gesandt hat. Gottes Liebe schenkt ohne Maß, und überall dort, wo in einer Ehe der Wein der Liebe ausgeht, sollen die Gatten gemeinsam im Gebet bei Gott Zuflucht suchen, der auch ihnen beistehen wird. Das erste Wunder Jesu geschieht, weil Maria dafür eintritt. Sie sieht die Not der Menschen und macht Jesus darauf aufmerksam. Ihrer Fürbitte dürfen auch wir uns anvertrauen. Noch größer ist das Wunder der heiligen Messe, wo Gott bei den Wandlungsworten, die der Priester in der Person Christi ausspricht, das Brot in den Leib Christi und den Wein in das Blut Christi verwandelt. Die Liebe Gottes offenbart sich hier auf unüberbietbare Weise.

Jesus, der uns das Reich Gottes verkündet hat (Mt 9,35)

Die öffentliche Tätigkeit unseres Herrn Jesus Christus hat ungefähr drei Jahre gedauert. Er verkündete die Nähe des Reiches Gottes, das in seiner Person, durch seine Worte und Taten, bereits angekommen ist. „Kehrt um und glaubt an das Evangelium!“ Diese beiden Grundforderungen gilt es auch heute zu verwirklichen. Mit Hilfe der Gnade Gottes wenden wir uns ab von allem Bösen und kehren uns Gott zu, der uns erlöst hat. Wer glaubt, hofft und liebt, darf den Frieden und Segen des Reiches Gottes schon hier auf Erden spüren und im Herzen erfahren. Wo Gutes im Namen Jesu geschieht, da bricht sich das Reich Gottes die Bahn. Einmal wird es sich vollenden in Herrlichkeit, wenn Christus wiederkommt am Ende der Tage, um zu richten die Lebenden und die Toten. An ihn glauben und hoffen wir. Mit der Urkirche beten wir: „Maranatha“ – „Herr, komme bald!“

Jesus, der auf dem Berg verklärt worden ist (Lk 9,28–36)

Petrus, Jakobus und Johannes werden Zeugen, wie der Herr vor ihren Augen verwandelt wird, als er auf dem Berg betet. Dabei unterhält er sich mit Mose und Elija. Wiederum bezeugt der himmlische Vater seinen Sohn; aus einer Wolke, dem Zeichen der göttlichen Gegenwart, spricht er zu ihm. Mit diesem Geschehen wurde die künftige Verherrlichung des Herrn bereits angezeigt und vorweggenommen. Bevor Jesus aber eingehen kann in seine Auferstehungsherrlichkeit, will er den Tod am Kreuz auf sich nehmen, um so das Maß einer Liebe zu zeigen, die sich hingibt für die Freunde bis in den Tod. Gottes Gnade stärkt uns zuweilen mit himmlischem Trost; dies soll uns Kraft geben auch für schwere Stunden, die in keinem Leben ganz fehlen. Die Mutter Christi steht uns in Liebe bei.

Jesus, der uns die Eucharistie geschenkt hat (Mk 14,17–25)

Im „Eucharistischen Jahr“, das wir feiern, dürfen wir dieses Geheimnis mit besonderer Liebe und Hingabe betrachten. In der heiligen Eucharistie hat Jesus Christus sich uns selber geschenkt. Die Hingabe seines Kreuzesopfers wird fortgesetzt und vergegenwärtigt im Opfer der Heiligen Messe. Im Mahl der heiligen Kommunion dürfen wir den lebendigen Herrn Jesus Christus empfangen, wie er als verklärter und verherrlichter Herr im Himmel thront. Wir wollen unser Herz bereiten, indem wir die Sünden bereuen, das Sakrament der Buße regelmäßig empfangen und Jesus bitten, er möge in Liebe bei uns einkehren und unser Gast sein. Auch die Zeiten der Anbetung des Allerheiligsten Sakramentes dürfen und wollen wir gut nutzen, denn auf diese Weise kommt Gottes Segen in reichem Maß auf uns herab.

Nun zum schmerzhaften Rosenkranz

Jesus, der für uns Blut geschwitzt hat (Lk 22,44)

Der Gott und Mensch Jesus Christus nahm bereitwillig das Leiden an, das ihm in der Hingabe an den Willen des Vaters auferlegt wurde. Er tat dies aus Liebe zu uns Menschen, um uns von der Macht der Sünde und des Todes zu erlösen. Weil er aber ganz einer von uns war, in allem uns gleich außer der Sünde, erlebte er auch das Beben und Zurückweichen der menschlichen Natur vor diesem ihn erwartenden Übermaß der Leiden. Noch größer als die körperlichen Leiden war der seelische Schmerz Jesu über all jene, die den heiligsten Willen Gottes missachten und durch ihre Sünden den Preis seines Blutes gering achten, den er in Liebe für das Heil aller vergießen wollte. Wie die Apostel sind auch wir aufgerufen zu wachen und zu beten, damit wir nicht in Versuchung fallen. Der Geist ist willig, doch das Fleisch ist schwach, und so empfehlen wir uns besonders der Fürbitte der Gottesmutter Maria, die den Leidensweg im Geist mit ihrem Sohn Jesus mitgehen wollte, in liebevoller Verbundenheit mit allen Menschen.

Jesus, der für uns gegeißelt worden ist (Joh 19,1)

Die Strafe der Geißelung, die den Unschuldigsten aller Menschen traf, war besonders grausam und erniedrigend. Im Film „Die Passion Christi“ von Mel Gibson wird dieses Ereignis besonders intensiv dargestellt. Man kann es fast nicht ertragen, was hier an unserem Erlöser geschieht. Er aber wehrt sich nicht und gibt sich hin als Opferlamm für die Sünder. Wir sind aufgerufen, den leidenden Heiland an der Geißelsäule zu betrachten und in besonderer Weise Gottes Erbarmen auf all jene herab zu rufen, die durch die Sünden der Unkeuschheit ihren eigenen Leib und den anderer erniedrigen und auf diese Weise den Tempel Gottes entweihen, der ihnen zur treuen Bewahrung anvertraut ist. Wir beten für alle jene, die als Gefährdete im Kampf stehen und denen die Fürbitte der heiligen Gottesmutter Maria die treue Hingabe an Gott auch in schweren Stunden vermitteln möge.

Jesus, der für uns mit Dornen gekrönt worden ist (Joh 19,2)

Pilatus wollte es nicht wahrhaben, dass Jesus Christus ein König ist, dessen Reich nicht von dieser Welt ist. Er ist gekommen, um für die Wahrheit Zeugnis abzulegen. Unbeirrt geht der Erlöser den Weg des Leidens für das Heil der Menschen. Spott und Verrat können ihn nicht davon abbringen. In Geduld und Liebe nimmt er alle Verdemütigungen an. Auch in unserer Zeit wird das Königtum Christi von vielen nicht anerkannt. Der Glaubende aber weiß, dass Gottes Reich bereits in verborgener Weise anwesend und wirksam ist. Es wird sich vollenden, wenn der Herr kommt in Herrlichkeit. Wenn wir daran teilhaben wollen, müssen wir bereit sein, wie Christus zu dienen und uns in Liebe hingeben für das Heil unserer Mitmenschen.

Jesus, der für uns das schwere Kreuz getragen hat (Joh 19,17)

Maria ließ es sich nicht nehmen, ihren Sohn auf seinem Kreuzweg zu begleiten. Auf diese Weise brachte sie zum Ausdruck, dass sie im Herzen mitleiden und mitopfern wollte, was der Herr durch sein Leiden und Sterben für uns tat und wirkte. Auf jedem Kreuzweg des Lebens begleitet uns die Mutter des Herrn. Sie ist bereit, uns zu trösten und mit ihrer mütterlichen Fürbitte im Guten zu bestärken. Auch wir sind aufgerufen, in liebevoller Verbundenheit unsere Mitmenschen zu ermutigen, wenn diese ein Kreuz zu tragen haben. Vielleicht ist es sogar möglich, dieses wie Simon von Kyrene ein Stück weit mit zu tragen. Die Gottesmutter Maria möge uns dafür bei Gott die rechte Gesinnung tatkräftiger Nächstenliebe erbitten!

Jesus, der für uns gekreuzigt worden ist (Joh 17,18)

Blutenden Herzens hat Maria dem Opfer ihres Sohnes am Kreuz zugestimmt. Indem sie als Mutter ihren einzigen Sohn dahingab, tat sie es aus Liebe zu all jenen, denen sie nun vom Kreuz aus als Mutter anvertraut ist. Dies sind in der Person des Johannes zuerst die Apostel, Bischöfe und Priester, aber auch alle übrigen Gläubigen, die sich ihrem mütterlichen Schutz anvertrauen. Wenn wir uns der Gottesmutter weihen, sie in unser Herz aufnehmen, dann wird uns auch das tiefste Leid im Glauben nicht erschüttern. Die Liebe wird siegreich bleiben, denn sie ist stärker als der Tod!

Betrachten wir noch die Geheimnisse des glorreichen Rosenkranzes!

Jesus, der von den Toten auferstanden ist (Lk 24,6)

Hier wird ein zentrales Geheimnis des Glaubens angesprochen. Im „Kompendium“ des Katechismus der Katholischen Kirche heißt es (in Nr. 112): „Das Pascha-Mysterium, das sein Leiden und Sterben, seine Auferstehung und Verherrlichung umfasst, ist das Herz des christlichen Glaubens. Denn im Erlösungstod seines Sohnes Jesus Christus ging der Heilsplan Gottes ein für alle Mal in Erfüllung.“ Auch nach der Wandlung der heiligen Messe bekennen wir: „Deinen Tod, o Herr, verkünden wir, und deine Auferstehung preisen wir – bis du kommst in Herrlichkeit!“ Die leibliche Auferstehung Christi von den Toten ist jenes Ereignis, in dem der endgültige Sieg Gottes über Sünde, Tod und Teufel offenbar wird. Der Messias, der um unserer Sünden willen das Leiden und den Tod auf sich nahm, konnte vom Tod nicht festgehalten werden. Die Auferstehung Christi aus eigener Kraft ist ein Zeugnis für seine Gottheit, die in der Person des göttlichen Wortes mit seiner heiligen Menschheit vereint ist. Durch die Taufe sind auch wir in den Tod und in das Leben Christi hinein genommen. Wir sollen tot sein für die Sünde, aber für Gott leben in Jesus Christus. Die Taten der Liebe zu Gott und zum Nächten, die wir vollbringen, sind ein Ausdruck dieses neuen Lebens in Christus, das uns geschenkt ist. In lebendigem Glauben erwarten wir unsere künftige Auferstehung und Verherrlichung. Es ist ein Wunder, das Gott allein wirken kann. Er, der Getreue und Wahrhaftige, wird es vollbringen!

Jesus, der in den Himmel aufgefahren ist (Apg 1,9–11)

„Mit der Himmelfahrt endet die Zeit Christi auf dieser Erde und beginnt die Zeit der Kirche. Zehn Tage später, am Pfingstfest, wird diese Zeit der Kirche durch den Heiligen Geist, der im Abendmahlssaal von Jerusalem auf die Apostel herabkommt, offenbart und feierlich verkündet.“[2] Zuerst aber erfüllt Trauer das Herz der Jünger, da ihnen die leibliche Gegenwart des Erlösers entzogen ist. Sie können es noch nicht begreifen, dass es gut für sie ist, wenn er zum Vater geht. Zu sehr waren sie auf ein Königreich auf Erden fixiert. Doch das Reich Christi ist nicht von dieser Welt. In der Welt gibt es Bedrängnis. Der Jünger steht nicht über seinem Meister. Wenn die Menschen ihn verfolgt haben, werden sie auch seine Jünger verfolgen. Wer im Glauben mit Christus verbunden ist, braucht sich jedoch nicht zu fürchten. Denn Christi Kraft stärkt ihn. Der Erlöser ist unsichtbar bei den Seinen geblieben. So verkündet er: „Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt.“

Jesus, der uns den Heiligen Geist gesandt hat (Apg 2,1–13)

Vereint mit der Gottesmutter Maria beten die Apostel und Jünger sowie die gläubigen Frauen um das Kommen des Heiligen Geistes. Der Sendung, das Evangelium allen Völkern zu verkünden, können die Apostel erst nachkommen, wenn sie den Heiligen Geist empfangen haben, der sie stärkt und in alle Wahrheit einführt. Der Heilige Geist als die dritte göttliche Person stellt die Einheit der Liebe zwischen den verschiedenen Menschen aus allen Völkern und Nationen her. Er beseelt und leitet die Kirche. Die Früchte der Gnade und der Heiligkeit sind seinem Wirken zu verdanken. Wir wollen ihn bitten, dass er unsere Herzen erleuchtet und mit dem Feuer seiner Liebe entzünde. Möge es auch unserer Zeit nie an Glaubensboten fehlen, die mutig für die Wahrheit Christi einstehen und sie freudig und klar verkünden. An dieser Stelle ist es angebracht, des verstorbenen Papstes Johannes Pauls II. zu gedenken, der auf seine Weise die Worte Christi verwirklicht hat, in alle Welt zu gehen und den Völkern das Evangelium zu verkünden.

Jesus, der dich, o Jungfrau, in den Himmel aufgenommen hat (1 Kor 15,22–23)

Freude erfüllt Himmel und Erde, denn aufgenommen wurde die selige Jungfrau Maria in die Herrlichkeit des Himmels. Ihr Leben ist vollendet bei Gott. Mit Leib und Seele darf sie den Herrn in der seligen Gemeinschaft mit allen Engeln und Heiligen loben und preisen in Ewigkeit! In der Jungfrau Maria, so sagt uns die Kirche, ist alle Vergänglichkeit des irdischen Lebens und alle Bedrohung des Todes bereits durch Gottes Kraft und Herrlichkeit überwunden. Ihr Leib wurde der Verwesung nicht preisgegeben, sondern wurde nach dem Ende ihres Erdenlebens in die himmlische Herrlichkeit aufgenommen. So wurde die heilige Jungfrau als Königin des Alls von Gott erhöht, damit sie vollkommener ihrem Sohn gleich gestaltet werde. Christus ist der Herr aller Herren und der Sieger über Sünde und Tod. Er schenkt den Heiligen Anteil an seinem Ostersieg! Das, was Gott an Maria getan hat, gilt uns allen, da Maria das Urbild ist für jeden Christen, besonders aber für die Berufung und Spiritualität der Frau. In Maria erhält auch der Leib der Frau jene Achtung und Ehre, die ihm gebührt. Hier drückt sich Schönheit, Erhabenheit und Anmut in höchster Form aus, vollendet durch den Strahl der Herrlichkeit Gottes. Auf Maria müssen wir blicken, wenn wir das Bild der Frau wieder entdecken wollen. Sie ist das Urbild der Frau als Jungfrau, Braut und Mutter!

Jesus, der dich, o Jungfrau, im Himmel gekrönt hat (Offb 12,1)

Nach ihrer Aufnahme in den Himmel wurde Maria von ihrem Sohn Jesus Christus mit Herrlichkeit gekrönt und erhielt so auf einzigartige Weise Anteil an seinem österlichen Sieg. Maria ist aber keine Königin, die ihren Kindern ferne wäre; sie ist „mehr Mutter als Königin“, wie es die heilige Therese von Lisieux formuliert hat. Ihrer Fürbitte dürfen und wollen wir uns daher freudig anvertrauen. Das Königtum Marias drückt ihren Sieg über die Sünde aus und über alles Böse. Wer mit der Gottesmutter Maria verbunden ist und sich ihrem unbefleckten Herzen geweiht hat, darf teilhaben am Triumph dieses Herzens. Die Heiligen des Himmels sind in seliger Gemeinschaft mit Maria, ihrer Königin, vereint. Sie zeigt ihnen Jesus, die gebenedeite Frucht ihres Leibes. Auch uns begleiten die Heiligen des Himmels mit ihrer Fürsprache und Hilfe.

Beenden wir nun diese Betrachtungen über das Rosenkranzgebet, indem wir uns selber vornehmen, des Öfteren der Einladung der Kirche Folge zu leisten und das Heilswerk Christi in Einheit mit seiner Mutter Maria im Gebet zu bedenken. Die Früchte des Segens werden groß sein.

In der Regel wird am Montag und am Samstag der freudenreiche Rosenkranz gebetet, am Donnerstag der lichtreiche, am Dienstag und am Freitag der schmerzhafte, sowie am Mittwoch und Sonntag der glorreiche Rosenkranz. Wir sind hier aber ganz frei, es so zu halten, wie es uns am besten entspricht. Manche Menschen beten sogar den „Psalter“, d.h. alle Rosenkranzgeheimnisse. Dies darf aber nicht zur Überforderung werden. Besser ist es, den Rosenkranz langsam und mit Hingabe zu beten, als schnell und gedankenlos.

Möge uns die heilige Gottesmutter Maria stets mit ihrer Fürbitte begleiten und uns der Herr einst aufnehmen in sein ewiges Reich!

 

 


 

[1] Vgl. Kompendium des Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 353.

[2] Johannes Paul II., Predigt an Christi Himmelfahrt, 16.05.1985.