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Der Name der Rose
Eine kritische Rezension zu Buch und Film (2000)

Josef Spindelböck

Hinweis/Quelle: Umberto Eco, Der Name der Rose München 1999, DTV

Nachdem das obengenannte Werk eines mittelalterlichen „Klosterkrimis“ schon vor einigen Jahren erschienen ist und sich als Bestseller auch in der Verfilmung einigen Ruhm erworben hat, sah sich der Rezensent veranlaßt, dieses Werk selbst zu lesen.

Das Buch

Vorweg: Die Spannungsmomente sind großartig durchgeführt. Es ist in dieser Hinsicht, so scheint es zunächst, ein gewisser – auch literarischer – Genuß, dieses Buch zu lesen. Geistreich versteht es Eco, die persönliche Geschichte des Benediktinernovizen Adson von Melk und seines vorübergehenden Betreuers und Lehrmeisters, des Franziskaners William von Baskerville, einzuweben in die historischen Umstände der damaligen Zeit. Der Leser wird fast unmerklich eingeführt in die Welt des Mittelalters und seiner Gebräuche, vor allem aber in die kirchliche Ordnung und das philosophische und theologische Denken dieser Zeit. Ein Buch und ein Labyrinth stehen im Mittelpunkt der kriminologischen Nachforschungen innerhalb der geheimnisvollen italienischen Abtei, in der die beiden für eine Woche als Gäste weilen. Auch lateinische Zitate würzen die Lektüre des Romans (mit Übersetzung im Anhang).

Daß das Ganze in vielem aussieht wie eine „Skandalgeschichte des mittelalterlichen Christentums“, wird der geneigte Leser dem agnostischen Semiotiker und Romancier Eco noch verzeihen. Innerlich fühlt man mit dem jungen Mönch Adson mit, der erlebt, wie William versucht, eine Serie von Verbrechen aufzuklären, die den Konvent eines italienischen Benediktinerklosters in Atem halten.

Allerdings: Die Ernüchterung folgt, und zwar derart massiv, daß sich der Leser entscheiden muß, ob er nach Seite X das Buch nicht besser weglegen sollte.

Das besagte Skandalon wird in der literarischen Gestalt eines Traumes dargeboten, was ein raffiniertes Stilmittel darstellt, da es jederzeit der Entkräftigung des Dargebotenen dienen kann. Adson träumt die sog. „Coena Cypriani“. Dabei handelt es sich um ein fiktives Trinkgelage, in dem die Heiligen und Großen des Alten und Neuen Testaments mitwirken und ihre liederlichen Späße treiben. Hier ist es unmöglich, Dinge wiederzugeben, von denen ein Christ lieber gar nicht reden soll (vgl. Eph 5,3). Eco tut es, und genau das ist das Ärgernis!

Daß dann der eigentlich Schuldige an allen Verbrechen in der Abtei der freudlose und grimmige blinde Mönch Jorge ist, der all das Unheil anrichtet, weil er im Namen seiner einseitigen Frömmigkeit die Mönche und die Welt vor der angeblichen Gefahr des verschollenen Aristoteles-Werkes „Poetik“ schützen will (das den Wert des Lachens, der Ironie und der Komödie verteidigt), erweckt den Verdacht, daß Eco jeden, der es wagt, ihn für die Lächerlichmachung des Heiligen zu kritisieren, in die Ecke dieses finsteren Mönches stellt, der um seiner fanatischen Überzeugung willen zu allem fähig ist – und sei es zu Morden im Namen Gottes und der Religion.

Derartige Klischees entwerten das Buch als Ganzes und stellen alle angeführten geistreichen und spannenden Momente fundamental in Frage. Somit das Fazit: Obwohl der Roman so vielfach gerühmt wurde, ist er doch nicht unbedingt lesenswert!

Und der Film?

Dabei handelt es sich um ein Palimpsest, also um eine freie und teilweise verkürzende Nachdichtung des literarischen Stoffes. Nur zwei abweichende Details: Adson ist im Film ein Franziskanernovize von adeliger Melker Abstammung. Die unbekannte junge Frau (die „Rose“), die im Buch als Hexe verbrannt wird, kommt im Film doch noch mit dem Leben davon. Der Film weist einen teilweise übersteigerten Realismus auf, der es nahelegt, Szenen wie die detaillierte Darstellung Ermordeter oder eines sexuellen Beischlafs des Adson mit dieser Frau „auszublenden“, um nicht Schaden an der Seele zu leiden. Vom schauspielerischen Einsatz her mag der Film mit Sean Connery in der Rolle des William von Baskerville Anerkennung verdienen. Recht offen tritt allerdings die kirchenkritische Tendenz zutage. Die Manipulation ist dergestalt, daß Menschen ohne ausreichende Kenntnis und Urteil dahin geführt werden, die Kirche für jene Verbrechen verantwortlich zu machen, die – leider! – von manchen Christen im Namen dieser Kirche begangen wurden. Die dominierende und als ideal vermittelte Grundeinstellung ist der kühle Rationalismus eines William von Baskerville, der alle mythologischen, unaufgeklärten Restbestände durchschaut und bereits überwunden hat. Daß hier auch das Dogma des Glaubens aufgegeben wird, läßt den Film in einer Einheit mit dem literarischen Ursprungswerk von Umberto Eco erscheinen. Fazit: Wer sich den Film zur Urteilsbildung ansehen will, der sollte es – geistig und geistlich gewappnet – tun; ansonsten ist er entbehrlich.