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Die uneigennützige Selbsthingabe des heiligen Josef
(2005)

Josef Spindelböck

Hinweis/Quelle: Tarcisio Stramare, Er gab ihm den Namen Jesus. Der Hl. Josef in Leben und Lehre der Kirche. Übersetzt von Claudia Reimüller nach der italienischen Originalausgabe, gebunden, 246 Seiten, 20 × 13 cm, Verlag St. Josef, Kleinhain 2005, ISBN 3–901853–11–1; Preis: EURO 13,50; Online-Bestellung Verlag St. Josef .

Der heilige Josef, Bräutigam der seligsten Jungfrau und Gottesmutter Maria und jungfräulicher Vater des Jesuskindes, ist keine Randfigur in der Heilsgeschichte. Wer sich tiefer mit dem Geheimnis der Fleischwerdung des ewigen Wortes Gottes befasst, kommt nicht daran vorbei, seine Bedeutung im Heilsplan Gottes zu würdigen.

Dies unternimmt auf hervorragende Weise im nun auch in deutscher Sprache vorliegenden Buch P. Tarcisio Stramare OSJ. Der Angehörige der Oblaten des heiligen Josef, Prof. Stramare, ist Dozent der Heiligen Schrift, Professor der Päpstlichen Theologischen Akademie, Beauftragter des Heiligen Stuhls für die Erstellung der „Nova Vulgata“ und Direktor des „Movimento Giuseppino“. Ausgehend von einer soliden Exegese der Heiligen Schrift in Übereinstimmung mit der Tradition der Kirche und ihrem Lehramt versteht es Stramare, die verschiedenen Aspekte des Lebens des heiligen Josef und seiner Sendung in der Kirche aufzuzeigen. Es handelt sich um mehr als um fromme Erwägungen, die Pater Stramare hier anbietet. Es ist eine ausgearbeitete „Theologie des heiligen Josef“, welche ihrerseits Gebet und Frömmigkeitsleben der Gläubigen inspirieren soll und einen eminent praktischen Lebensbezug aufweist.

Die Übersetzung der deutschen Ausgabe des Buches von Tarcisio Stramare: „Giuseppe lo chiamò Gesù“ (Casale Monferrato 2001), die hier vorliegt, wurde von Claudia Reimüller erstellt und erscheint mit freundlicher Erlaubnis des Verfassers im Verlag St. Josef, Kleinhain. Wo immer möglich, wurden für die kirchlichen Dokumente die offiziellen deutschen Übersetzungen zugrunde gelegt. „Gewidmet ist die deutsche Ausgabe dieses Buches zwei Päpsten, die sich besonders für die Verehrung des heiligen Josef eingesetzt haben: dem seligen Johannes XXIII., der den heiligen Josef in den Kanon der heiligen Messe aufgenommen und ihn zum Schutzpatron des 2. Vatikanischen Konzils erwählt hat, sowie dem kürzlich verstorbenen Johannes Paul II., welcher uns das Apostolische Schreiben „Redemptoris Custos“ geschenkt und damit vielen eine neue Wertschätzung und Liebe zum heiligen Josef vermittelt hat.

Möge die Verehrung für den heiligen Josef in der ganzen Kirche weiterhin wachsen und sein Beispiel vielen eine Anregung sein für das Leben aus dem Glauben!“

Hier folgt ein Textauszug aus dem Buch:

Die uneigennützige Selbsthingabe

In der Geschichte der Erscheinung des Engels an Josef im ersten Kapitel des Matthäusevangeliums finden wir sowohl die Bezeichnung „Sohn Davids“ (Vers 20) als auch die Bezeichnung „[Ehe]Mann“, denn von der Bezeichnung „Marias Mann“ hängt die Abstammung Jesu aus dem Hause David ab. Nachdem der Engel erwähnt hat, dass Maria mit Josef „verlobt“ ist (Vers 18), trägt er ihm auf, das rechtliche Band als „ihr Mann“ (Vers 19) nicht zu lösen, und sagt: „Fürchte dich nicht, Maria als deine Frau zu dir zu nehmen“ (Vers 20). Josef tat dies ohne zu widersprechen „und nahm seine Frau zu sich“ (Vers 24). Hieraus ergibt sich für ihn als Vater das Recht, dem Kind den Namen Jesus zu geben (Vers 25), denn Jesus wurde in seiner Ehe und von seiner legitimen Ehefrau geboren.

Wird bestritten, dass zwischen Maria und Josef eine wahre Ehe bestanden hat, dann ist die Vaterschaft des heiligen Josef hinfällig und mit ihr sowohl die Abstammung Jesu aus dem Hause Davids als auch die Bezeichnung Christus, mit welcher die Gemeinschaft der Christen sich an ihn wendet.

Wahre Ehe

Die Ehe zwischen Maria und Josef ist nicht so sehr aufgrund ihres theologischen Gehalts als vielmehr aufgrund ihrer rechtlichen Schwierigkeiten untersucht worden, da hier eine wahre Ehe mit dem Gelöbnis der Jungfräulichkeit in Einklang gebracht werden muss. Dies sowie die Schwierigkeit, das Wesen der Vaterschaft des heiligen Josef zu bestimmen, hatten zur Folge, dass die Themen Ehe und Vaterschaft vertieft wurden, um ihre wesentlichen Inhalte herauszuarbeiten.

Auf die Frage, ob die Ehe zwischen Maria und Josef eine wahre Ehe war, unterscheidet der heilige Thomas in der Ehe zwei Vollkommenheiten: „Im Hinblick auf die erste Vollkommenheit, (die unteilbare Einheit der Seelen) war die Ehe zwischen der jungfräulichen Gottesmutter und dem heiligen Josef ganz und gar wahr, da beide in den Ehebund eingewilligt hatten. Der geschlechtlichen Vereinigung hatten sie allerdings nicht zugestimmt, außer unter einer Bedingung: wenn Gott es will. Die zweite Vollkommenheit (die Zeugung und Erziehung von Nachkommen) bezieht sich hingegen auf das Handeln innerhalb der Ehe. Was die geschlechtliche Vereinigung zur Zeugung von Nachkommen anbelangt, so wurde diese Ehe nicht vollzogen. Was die Erziehung der Nachkommen anbelangt, so war diese Ehe jedoch auch im Bezug auf das Handeln vollkommen.“[1]

Tugend statt Alter

Das Gelingen dieser Ehe wurde nicht, wie es sich die Autoren der apokryphen Erzählungen in ihrer Phantasie ausgemalt hatten, senilem Unvermögen anvertraut, sondern Josefs Tugend. Die Altershypothese muss schon alleine auf Grund des guten Rufs von Jesus und Maria nachdrücklich verworfen werden, da dieser durch die Ehe mit einem alten Mann in keiner Weise geschützt gewesen wäre.

Wenn Gott für die Menschwerdung seines Sohnes eine ehrbare Familie gewollt hat, müssen wir uns diese Familie als normal vorstellen – bestehend aus zwei Eheleuten, die gemäß den zeitlichen und lokalen Gepflogenheiten verheiratet waren.

Wir dürfen das Zeugnis des Evangelisten Lukas nicht außer Acht lassen, dass Jesus „für den Sohn Josefs gehalten“ wurde.[2] Wenn für „Zweifel“ kein Raum bestehen sollte, musste der heilige Josef zur Zeit der Eheschließung in jugendlichem Alter sein. Nur so konnte er seine Familie auf angemessene Weise versorgen und all jene nicht alltäglichen Beschwerlichkeiten ertragen, die ihm auferlegt wurden, um Jesus zu beschützen.

Die Heiligkeit Josefs

Der heilige Josef wurde nicht zufällig als Ehemann für Maria ausgewählt. Da seine Ehe auf die Menschwerdung des Wortes ausgerichtet war, ist die Annahme einer besonderen göttlichen Vorsehung berechtigt.

Während die Volksphantasie ihre Vorstellung hinsichtlich des „Bräutigams“ durch die Legende über den blühenden Stab zum Ausdruck brachte, hat die Theologie ihre Intellectus-fidei-Funktion auf die „Braut“ gerichtet und dabei dargelegt, dass ihr ganzes Sein in angemessener Weise auf die Gottesmutterschaft ausgerichtet sein musste. Wir bekennen uns dazu im Dogma der Unbefleckten Empfängnis.

Ähnliches muss man sich auch für den heiligen Josef vorstellen. Die Argumentation stammt von Leo XIII.: „Als daher Gott den heiligen Josef zum Gemahl der Jungfrau Maria bestimmte, gab er ihr nicht nur einen Lebensgefährten, einen Zeugen ihrer Jungfräulichkeit und einen Beschützer ihrer Ehre, sondern er hat ihn ganz gewiss auch, entsprechend dem eigentlichen Wesen der Ehe, an der hohen Würde seiner Gattin teilnehmen lassen.“[3]

Wenn wir zu der Bezeichnung „Marias Mann“ auch noch die Bezeichnung „Vater Jesu“ hinzufügen, dann musste Joseph über reiche Gnade verfügen, um mit gebührender Treue seinen Dienst zu versehen. Im Dekret Inclytus Patriarcha Ioseph[4], in dem das Fest des heiligen Josef festgelegt und auf die ganze Kirche ausgedehnt wird, erklärt Pius IX. klar und deutlich, dass „die vornehmen Aufgaben, für welche der heilige Josef durch die göttliche Weisheit vorgesehen worden war“, einen solch hohen Grad an „Würde und Heiligkeit“ mit sich brachten, dass sie nicht von den „besonderen Gnaden und himmlischen Charismen“ getrennt werden können, mit denen der allmächtige Vater „ihn in überreicher Weise beschenkte.“

Die Selbsthingabe

Da er reich mit Gaben beschenkt war, welche die Bezeichnung „gerecht“ zum Ausdruck bringen, konnte der heilige Josef das vollständige Geschenk seiner selbst gegenüber dem Plan Gottes machen, der sich in seinem Haus vollziehen sollte.

Durch das göttliche Eingreifen in Marias Leben war er von Anfang an davon überzeugt, dass es seine Pflicht war, sich selbst zurückzustellen. In der Folge lernte er schließlich durch den Engel den göttlichen Willen kennen: „Fürchte dich nicht, Maria als deine Frau zu dir zu nehmen.“ Er nahm seine Frau um ihrer selbst willen an, und folglich „erkannte er sie nicht.“[5] So lebte er ganz und gar die bräutliche Bedeutung des Leibes, die sich durch „aufrichtige Hingabe“ der eigenen Person auszeichnet.[6]

Die Liebe des heiligen Josef zu Maria hat sich darin geäußert, dass er mit „reinem Herzen“ dem Plan, den Gott mit ihr hatte, zu Diensten stand. Er hat jede Form von Egoismus verdrängt und Maria, wie der Schöpfer es wollte, „um ihrer selbst willen“ geliebt, indem er das Wirken des Geistes Gottes in ihr liebte.

Durch seine uneigennützige Hingabe an Maria und an den Messias, der in seinem Haus heranwuchs, ist Josef für alle Menschen ein leuchtendes Vorbild der vollständigen Bereitschaft und Annahme der Anforderungen des Christentums. Der heilige Josef ist tatsächlich und von Rechts wegen derjenige, der uns „in die Seligkeiten der Frohen Botschaft einführt“, wie es Paul VI. in einer Auslegung so gut formuliert hat. Josef wird dort folgendermaßen beschrieben: Er stellt „seine Freiheit, seine rechtmäßige menschliche Berufung, sein Eheglück sogleich den göttlichen Plänen zur Verfügung, indem er den Stand, die Verantwortung und die Last der Familie auf sich nimmt und um einer unvergleichlichen jungfräulichen Liebe willen auf die natürliche eheliche Liebe, die sie begründet und nährt, verzichtet. In vollkommener Übereignung überlässt er seine ganze Existenz den unwägbaren Erfordernissen der überraschenden Ankunft des Messias, dem er den auf ewig gesegneten Namen Jesus geben wird und den er als Frucht des Heiligen Geistes und nur unter rechtlichen und fürsorglichen Gesichtspunkten als seinen Sohn anerkennt. Der heilige Josef ist also ein Mann, der sich ganz – und wie! – für Maria, die Auserwählte unter allen Frauen aller Zeiten und auf der ganzen Erde, seine stets jungfräuliche Braut, die ihm leiblich nicht als Ehefrau angehört, ‚engagiert‘, wie man heute sagt, sowie auch für Jesus, der zwar kraft gesetzlicher, aber nicht natürlicher Abstammung sein Nachkomme ist. Ihm fallen die Last, die Verantwortung, die Risiken und die Mühsal der kleinen, einzigartigen heiligen Familie zu. Er dient, arbeitet und opfert sich auf, im Schatten jenes evangelischen Bildes, in welchem wir ihn so gerne betrachten; und sicher bezeichnen wir ihn jetzt, da wir alles über ihn wissen, nicht zu Unrecht als beglückt und selig.“[7]

Die besondere Ehe des heiligen Josef führt den Eheleuten die Vollkommenheit der „ehelichen Hingabe“ wieder vor Augen. Diese Vollkommenheit, die bereits zu Beginn der Schöpfung in den beiden zentralen Gestalten des Gartens Eden hervorleuchtet, wird nach dem Sündenfall leider von einem dichten Nebel umhüllt, der dadurch, dass er „die Reinheit des Herzens“ stört, ständig die gegenseitige uneigennützige Selbsthingabe gefährdet, mit der beständigen Gefahr, dass die Partner einander auf die Ebene eines reinen Objektes herabwürdigen.

Der heilige Josef war Maria wirklich hingegeben.

 


[1] Thomas von Aquin, Summa theologica, III q.29 a.2.

[2] Vgl. Lk 3,23.

[3] Leo XIII., Enzyklika Quamquam pluries vom 15. August 1889, in: AAS 22 (1989/90) 66–69; dt. in: A. Rohrbasser (Hg.), Heilslehre der Kirche. Dokumente von Pius IX. bis Pius XII., Freiburg/Schweiz 1953, Nr. 1766–1777.

[4] Pius XI., Dekret der Ritenkongregation Inclytus Patriarcha Ioseph vom 10. September 1847.

[5] Vgl. Mt 1,20.25.

[6] Johannes Paul II., Generalaudienz am 16. Januar 1980.

[7] Paul VI., Predigt am 19. März 1969.